Fischer im Interview:

„Ändere meine Meinung nicht ohne triftigen Grund“

Österreich
30.10.2019 12:43

Mit seiner Eröffnungsrede bei einer Konferenz, die vom umstrittenen Abdullah-Zentrum in Wien veranstaltetet wurde, hat Alt-Bundespräsident Heinz Fischer am Mittwoch wieder Staub um die Einrichtung aufgewirbelt, die eigentlich seit Juni geschlossen sein sollte. Im „Krone“-Gespräch rechtfertigt Fischer seine Unterstützung für das ausgerechnet von Saudi-Arabien finanzierte Dialogzentrum für Menschenrechte und Toleranz.

Krone: Herr Dr. Fischer, Sie haben den Antrag des Nationalrats, das Abdullah-Zentrum zu schließen, als eine „Meinung“ des Gesetzgebers abgetan und hier am Mittwoch die Eröffnungsrede (siehe Video oben) gehalten. Sollte man als politischer Vertreter so über das Parlament hinweggehen?
Heinz Fischer: Ich bleibe dabei: Es ist - nicht nur, aber doch - eine reine Meinungsäußerung des Parlaments gewesen. Und als Pensionist kann man das, ja.

(Bild: APA/Hans Punz)

In Ihrer Rede haben Sie sich dennoch kritisch geäußert, man solle im Dialogzentrum nicht nur „Brücken bauen, sondern diese auch benutzen“. Wird hier zwar viel über Toleranz und Menschenrechte gesprochen, und dann passiert erst nichts?
Wenn das so ist, ist es schlecht. Ich glaube, ich habe diese Konferenz genutzt, um mich für die Menschenrechtsdeklaration auszusprechen, die Frage der Gleichberechtigung der Geschlechter anzusprechen, und mich gegen die Todesstrafe deklariert. Und Österreich ist ein Land, das sich als Brückenbauer bezeichnet.

Der Haupt-Financier dieses viele Millionen Euro teuren Zentrums ist Saudi-Arabien. Warum leistet sich das Königshaus das? Was erwarten sich denn die saudischen Machthaber von dieser Investition?
Das ist eine berechtigte Frage. Ich glaube, dass sie meinen, eine Gesprächsbrücke zwischen Islam und Christentum nutzt auch dem Islam. Ursprung war ein Gespräch zwischen dem verstorbenen saudischen König und Papst Benedikt auf höchster Ebene. Aber das Zentrum könnte natürlich viel mehr tun, wenn sich auch europäische Staaten an der Finanzierung beteiligen würden.

„Krone“-Redakteur Paul Tikal am Rande der Konferenz mit Alt-Bundespräsidenten Heinz Fischer (Bild: Robert Gartner)
„Krone“-Redakteur Paul Tikal am Rande der Konferenz mit Alt-Bundespräsidenten Heinz Fischer

Vor gut zehn Jahren herrschte Konsens, dieses Zentrum nach Österreich zu holen. Nun sind wir auf die andere Seite geschwenkt.
Nicht „wir“. 

Aber der Gesetzgeber.
Das stimmt, der Nationalrat hat eine Entschließung gefasst, die dem Standpunkt von damals entgegengesetzt ist. 

Sie sagen, das ist inkonsistent, das schadet dem Land.
Ja, das ist unlogisch. 

Innerhalb von zehn Jahren kann man seine Meinung ändern.
Ich ändere sie nicht, wenn kein triftiger Grund besteht.

Alleine im Vorjahr wurde ein saudischer Journalist ermordetet, ein Teenager wegen Teilnahmen an Menschenrechtsdemos zum Tode verurteilt. Sind das triftige Gründe?
So kann man das nicht sehen. Die Rechtslage in Saudi-Arabien war vor zehn Jahren nicht anders als heute.

Was kann denn getan werden, um von außen die Menschenrechtssituation in Saudi-Arabien zu verbessern?
Da haben die Staaten viele Möglichkeiten. Deutschland ist da manchmal sehr mutig, manche Staaten tun weniger. Ich bin der Meinung, Europa soll in Menschenrechtsfragen keinen aggressiven, aber selbstbewussten Standpunkt vertreten.

Sind Veranstaltungen wie die heutige das richtige Forum dafür?
Sie sind eines der Foren dafür. So sieht das auch die EU-Kommission, die Vereinten Nationen, die katholische Kirche und viele andere, die hier heute Vertreter entsendet haben.

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