Boston-Dynamics-Boss

Damit Roboter gehen lernen, schubste er sein Kind

Digital
09.11.2019 06:01

Einer geht wie ein Hund, ein anderer könnte direkt den „Terminator“-Filmen entstammen und schlägt Purzelbäume: Roboter haben in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht - und verdanken diese nicht zuletzt dem US-Unternehmen Boston Dynamics. In einem Interview verrät Firmenchef Marc Raibert nun, wie seine Roboter laufen lernten - und wie seine kleine Tochter unter seinem Job zu leiden hatte. Als sie gehen lernte, schubste er die Kleine nämlich, um zu sehen, ob sich seine Roboter nicht etwas von ihr abschauen könnten …

„Da gibt es wirklich ein Video, in dem ich meine Tochter geschubst habe, als sie etwa ein Jahr alt war - und böse Blicke erntete“, verrät Raibert im Interview mit der BBC. „Sie ist getaumelt und getorkelt, als sie lernte, das Gleichgewicht zu halten, und ich wollte sehen, was da passiert. Wir sind aber noch immer gute Freunde“, scherzt der Robo-Pionier.

Gelohnt hat es sich offensichtlich, wenn man einen Blick auf das Video oben wirft. Darin schlägt der Boston-Dynamics-Roboter Atlas Purzelbäume wie ein Turner - noch vor fünf Jahren wäre so etwas vollkommen undenkbar gewesen. Der Roboter im „Terminator“-Stil kommt nicht von Ungefähr: Die Ursprünge von Boston Dynamics liegen im militärischen Bereich, für den man Transportroboter und anderes Gerät entwickelte.

Boston-Dynamics-Chef Marc Raibert (Bild: APA/AFP/GETTY IMAGES/MICHAEL COHEN)
Boston-Dynamics-Chef Marc Raibert

Boston Dynamics hat Industrie als Kundschaft im Visier
Später wurde das Unternehmen, das noch keinen Gewinn gemacht hat, von Google und in weiterer Folge vom japanischen Hightech-Konzern Softbank übernommen. Heute hat man eher die Industrie als Kundschaft im Blick - und hofft, dass Boston-Dynamics-Roboter in Zukunft etwa in der Öl- und Bauindustrie für Inspektions- und Hilfstätigkeiten eingesetzt werden.

Auf YouTube sind Videos von Boston-Dynamics-Robotern stets ein Hit. „Wir haben immer über 95 Prozent positive Bewertungen von unseren Abonnenten“, freut sich Raibert - und sieht das als Zeichen, dass die Menschen gut finden, was sein Unternehmen macht. „Wenn sie unsere Roboter auf Konferenzen sehen, wollen sie Selfies knipsen und die Roboter streicheln. Das ist eine positive Sache.“

Presse mit „Albträume verursachendem“ Roboter geneckt
Verärgert ist Raibert gelegentlich, wenn er die mediale Berichterstattung zu seinen Schöpfungen verfolgt - und dabei über Wörter wie „gruselig“ oder „furchteinflößend“ fallen. Einmal habe er deshalb gegenüber der Presse einen seiner Roboter „Albträume verursachend“ genannt. „Da habe ich uns selbst und auch die geneckt“, sagt er.

Auf die Gefahr angesprochen, dass durch die Automatisierung Roboter menschlichen Arbeitern in Zukunft die Stellen streitig machen könnten, gibt sich Raibert pragmatisch. „Mein Interesse ist es, dass Roboter Dinge erledigen können - praktische Dinge, für die es Mobilität, Geschicklichkeit und Wahrnehmung braucht, damit sie navigieren können. Das sind die Schlüsselfunktionen, die Roboter erst interessant und nützlich machen.“

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