Lage zugespitzt

Benzinbomben und Pfeile bei Protesten in Hongkong

Ausland
17.11.2019 11:52

In Hongkong ist es erneut zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten der Pro-Demokratie-Bewegung und der Polizei gekommen. Sicherheitskräfte feuerten am Sonntag Tränengas auf Aktivisten, die seit Tagen einen wichtigen Tunnel der Stadt blockieren und sich auf einem Universitätsgelände im Stadtteil Kowloon verschanzt haben. Die Demonstranten antworteten mit Molotowcocktails.

Rund um den Campus der Universität schossen Demonstranten am Sonntag Pfeile von Dächern und warfen Molotowcocktails auf Polizisten. Die Polizei setzte daraufhin Wasserwerfer mit gefärbtem Wasser sowie Tränengas ein.

Laut einer Polizeimitteilung wurde ein Polizist von einem Pfeil ins Bein getroffen und ins Krankenhaus gebracht. In der Nacht blieb es einige Stunden ruhig, die Demonstranten schliefen auf dem Rasen und in der Universitätsbibliothek, bis die Polizei am Vormittag erneut Tränengas einsetzte. Daraufhin warfen die Protestler Benzinbomben, einige zündeten Bäume auf dem Campus an.

„Quetschen Sie die Wirtschaft aus“
Eine Beruhigung der Lage ist nicht in Sicht: In den Onlinenetzwerken riefen Aktivisten für Montag zu einer „Dämmerungsaktion“ auf. „Stehen Sie früh auf, zielen Sie direkt auf das Regime, quetschen Sie die Wirtschaft aus, um den Druck zu erhöhen“, hieß es auf einem Plakat, das im Internet kursierte.

Proteste toben schon seit Monaten
In der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong gibt es seit Monaten Massenprotestedie immer häufiger in Gewalt umschlagen. Die Proteste richteten sich zunächst gegen ein geplantes Gesetz, das erstmals auch Auslieferungen nach Festland-China ermöglicht hätte. Inzwischen fordert die Protestbewegung umfassende demokratische Reformen und die Absetzung der prochinesischen Regierung.

Nachdem sich die Proteste der Demokratiebewegung zunächst auf Abende und Wochenenden beschränkt hatten und das öffentliche Leben in der Finanzmetropole weitgehend reibungslos weiterlaufen konnte, organisierten die Demonstranten seit Anfang dieser Woche an so vielen Orten wie möglich Proteste und Blockaden und sorgten damit für Chaos.

Auch Ausländer sind an den Protesten beteiligt: Zwei deutsche Austauschstudenten wurden am Freitag wegen der Teilnahme an einer „illegalen Versammlung“ festgenommen. Sie wurden mittlerweile wieder freigelassen und werden vom deutschen Auswärtigen Amt betreut.

Peking mobilisierte Soldaten - für Aufräumaktion
Die Regierung in Peking sah sich angesichts der zunehmend chaotischen Zustände in Hongkong zuletzt zu einer Reaktion veranlasst: Sie mobilisierte ihre in Hongkong stationierten Soldaten und schickte sie auf die Straßen - allerdings nicht, um den Demonstranten entgegenzutreten, sondern um die bei den Demos entstandene Unordnung zu beseitigen.

Beobachter sehen darin eine „subtile Botschaft“ an die Demonstranten - nämlich dass Peking jederzeit mobilmachen kann. Die chinesische Regierung hat rund 10.000 Soldaten in ihrer Hongkonger Kaserne stationiert, die an sich nur ausrücken dürfen, wenn die Stadtregierung um Hilfe ersucht. Die Aufräumaktion erfolgte - zum Entsetzen der Opposition - ohne entsprechendes Gesuch.

Unter den Hongkongern gibt es seit Monaten Befürchtungen, dass China sein Militär nutzen könnte, um die Proteste in der Stadt niederzuschlagen. Nach monatelangen Demonstrationen hatte Chinas kommunistische Führung zuletzt zwar angedeutet, den Griff zu verstärken. Eine militärische Niederschlagung der Proteste halten die meisten Beobachter dennoch für unwahrscheinlich, weil China dafür international geächtet würde. Stattdessen sollen Hongkongs Regierung und die Polizei aus Sicht Pekings für Ordnung sorgen.

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