Die aktuellen Ermittlungen in der Casino-Affäre lassen vermuten: Bei Jobs in staatlichen oder staatsnahen Betrieben wird ohne Genierer geschachert, verscherbelt und geschoben. Das ist eine Unart, die aufhören muss.
Wenn der Vielleicht-bald-Vizekanzler Werner Kogler ankündigt, dass er keine „Postenbesetzungen mit Gegendeals“ abschließen möchte, zeigt das, wie schlecht es um die politische Moral in unserem Land bestellt ist. Denn das ist absurd: Wenn jemand bruststark verkünden würde, ohne Bankraub Geld verdienen zu wollen, würde er wohl kaum Beifall ernten. In der Politik ist das aber anders. Da reicht das Versprechen, legal arbeiten zu wollen, für anerkennende Schulterklopfer. Aber für Politiker scheinen sowieso andere Regeln zu gelten.
Und die sind bei Gott keine schönen: Die vom „Falter“ geleakten Nachrichten rund um den Ex-Vizekanzler und seine Freunderl geben einen anschaulichen Einblick, wie die hohe Politik funktioniert. Einmal an der Macht, werden staatliche und staatsnahe Betriebe offenbar zum Selbstbedienungsladen. Dabei wird vergessen: Parteipolitische Postenbesetzungen sind nicht das gute Recht der Mächtigen, es ist eine abstoßende Unart.
Postenschachern 2.0 - das gute alte Hinterzimmer hat ausgedient
Gewiss darf man nicht blauäugig sein und glauben, dass diese zweifelhafte Praxis nur einzelne Parteien betrifft. Das Schachern und Schieben bei Posten hat hierzulande eine lange Tradition. Die Vergangenheit zeigt, dass sich noch ein jeder an den Futtertrögen der Macht bedient hat. Neu ist aber die Dummheit, mit der offenbar völlig schamlos und ohne jegliches Unrechtsbewusstsein über Smiley-getränkte Chatnachrichten sensible Postenbesetzungen ausgedealt wurden. Was früher verruchte Hinterzimmer waren, sind heute kleinkindliche WhatsApp-Gruppen. So funktioniert Schachern im Jahr 2019.
„Das gab es ja schon immer“ greift hier nicht
Wer nun aufheult und ins Treffen führt, dass es Postendeals schon immer und überall gegeben hat, hat ein fragwürdiges Verständnis für Politik. Denn wer sich für ein politisches Amt bewirbt, sollte nicht mit der Prämisse antreten, alle schlechten Angewohnheiten der anderen ungeschaut zu übernehmen. Nein, von einem Politiker, der sich einer Wahl stellt, sollte man erwarten dürfen, dass er es anders - und im Idealfall auch besser - als die anderen machen will. Insbesondere dann, wenn er sich auf die Fahnen heftet, für den „kleinen Mann“ zu stehen.
Raus mit dem Staat!
Was gegen diese urösterreichische Unart hilft, sind in einem ersten Schritt ein moralisches Umdenken Aller und letztendlich auch die Privatisierung nicht zwingender Staatsbeteiligungen. Es ist ohnehin unerklärlich, weswegen sich der Staat am Glücksspiel beteiligen muss. Nur wenn die Politik hier keinen Hebel mehr hat, kann das Schachern aufhören. Aber wer gibt denn schon gerne Macht, Geld und Einfluss auf? Die Casino-Affäre ist eine Chance, darüber ernsthaft nachzudenken.
Katia Wagner
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