Große Artenvielfalt

Steirisches Brüderpaar setzt auf Anarchie im Wald

Steiermark
24.11.2019 09:00

Selbst ist der Wald: In der Forstwirtschaft von Hans und Karl Schadler aus St. Marein bei Graz herrscht Anarchie. Artenvielfalt schreiben die Brüder ebenso groß. Ihre Politik mag nicht jeder: Schädlinge kommen den Steirern nicht ins Laub.

Ungleichförmigkeit. Normalerweise kein Attribut, mit dem man einen Schönheitswettbewerb gewinnt. Anders bei den Gebrüdern Schadler aus St. Marein bei Graz: Sie wurden für ihre besondere Art der Waldbewirtschaftung bereits mit dem Österreichischen Staatspreis dekoriert - Begründung: „Artenvielfalt und Ungleichförmigkeit“ in ihrem Forst.

Über Raritäten freut sich Karl besonders, ausgepflanzt wird fast nichts. (Bild: Sepp Pail)
Über Raritäten freut sich Karl besonders, ausgepflanzt wird fast nichts.

„Die so genannte Dreischichtigkeit des Waldes ist für dessen Gesundheit von enormer Bedeutung, deshalb sind unsere Bäume in allen Altersklassen vorhanden“, erklärt Johann Schadler. Diversität sei ebenso wichtig: „Wir haben allein 27 verschiedene Laubbäume in unserem Bestand, darunter so seltene Exemplare wie die Flatterulme, die Schwarznuss oder die Elsbeere“, berichtet der 68-Jährige.

(Bild: Sepp Pail)

Als fast nur noch die Fichte gesetzt wurde
„Wo wir auch schon beim Hauptkriterium wären, das uns von den meisten anderen unterscheidet“, ergänzt Bruder Karl. „Ab den 1970-ern wurde nur noch auf die Fichte gesetzt, weil sie schnell wächst, eine rege Nachfrage bestand und sie somit die größte Rendite versprach. Was dabei rauskommt, wenn man nur auf Reinbestände setzt, sieht man ja jetzt“, verweist der Steirer auf die Borkenkäfer-Problematik.

„Der Wald braucht uns nicht, aber wir ihn“, lehrt Hans die Erfahrung. (Bild: Sepp Pail)
„Der Wald braucht uns nicht, aber wir ihn“, lehrt Hans die Erfahrung.

Viele Murenabgänge „hausgemacht“
Aber nicht nur mit Schädlingen hätte man in Folge der einseitigen Bewirtschaftung heute oft zu kämpfen, auch die verheerenden Murenabgänge der vergangenen Tage wären laut Meinung der Schadlers „teils hausgemacht“: „Wir nehmen nur vereinzelt Bäume aus dem Wald, und zwar genau jene, für die es gerade an der Zeit ist; großflächige Rodungen gibt es bei uns nicht“, benennt Johann einen weiteren Eckpfeiler ihrer ganz eigenen Philosophie.

(Bild: Sepp Pail)

Viel händische Arbeit
Der Preis für ihren verantwortungsvollen Umgang mit der Natur ist hoch: „Wir müssen die gesamte Arbeit händisch erledigen, große Maschinen kommen uns nicht in den Wald.“ Was dies konkret bedeutet, rechnet Karl Schadler vor: „Speziell an Tagen wie diesen, wo die Nachfrage nach Brennholz als unsere Haupteinnahmequelle besonders groß ist, bewegen wir bis zu 14 Tonnen Holz - täglich, jeder von uns.“

(Bild: Sepp Pail)

Letzter großer Schaden vor über 50 Jahren
Die harte Arbeit bringt den Brüdern aber auch große Vorteile: „Den letzten größeren Schaden hatten wir vor 50 Jahren“, erzählen die Männer. „2018 hatten wir drei Käfer-Bäume, heuer keinen“, erzählen sie.

(Bild: Sepp Pail)

„Böden werden immer trockener“
Dennoch plagen die Familie auch Sorgen: „Die Böden werden immer trockener. Das merkt man auch daran, dass die Bäume nicht mehr richtig harzen können. Für deren Wundheilung, sprich Widerstandsfähigkeit, ist das aber von großer Bedeutung. Der Klimawandel ist auch bei uns längst stark spürbar“, sagt Karl.

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