Nicht bewaffnet
Juwelenraub in Dresden: Security sah bewusst zu
Der spektakuläre Juwelenraub von Dresden wirft immer mehr Fragen auf. So ist sowohl der Wert der Beute bislang nicht beziffert, als auch die Frage nicht restlos beantwortet, wie die Täter überhaupt in das Museum eindringen konnten. Laut „Bild“-Informationen stiegen die Diebe durch ein Fenster ein, die Polizei wollte das aber nicht bestätigten. Für Kopfschütteln sorgt allerdings die Tatsache, dass der Sicherheitsdienst des Museums nicht eingriff. Die Chefin der Kunstsammlungen, Marion Ackermann, erklärte, dass sofort die Polizei gerufen worden war - und die Securitys, die nicht bewaffnet sind, aus Eigenschutz nicht eingegriffen hatten.
Im Sicherheitszentrum der Staatlichen Kunstsammlungen wurde der Einbruch um 4.59 Uhr registriert. Die Mitarbeiter reagierten, wie sie geschult worden sind, berichtet die „Bild“. „Das Menschenleben geht immer vor“, so Ackermann. Der Sicherheitsdienst griff deshalb nicht ein, sondern informierte nur Sekunden später die Polizei. Die Sicherheitsmitarbeiter des Museums verfolgten den Einbruch live auf ihren Kameras mit. Da sie unbewaffnet waren, konnten sie nur zusehen, wie die unschätzbar wertvollen Schmuckstücke entwendet wurden.
Erst fünf Minuten nach Eingehen des Notrufs schickte die Polizeizentrale eine Funkstreife los - so lange brauchte das Lagezentrum offenbar, um die Meldung zu überprüfen und zu verifizieren. Doch bis dahin waren die Täter längst weg. 15 Minuten nach der Erstmeldung wurde der Polizei der Brand eines Audi in einer Tiefgarage gemeldet. Der Brandort liegt wenige Kilometer vom Tatort, dem Grünen Gewölbe, entfernt auf dem Weg zur Autobahn. Das brennende Fahrzeug war stillgelegt. Laut Kripo-Chef Volker Lange roch es nach Benzin und es könne nicht ausgeschlossen werden, dass es sich um das erste Fluchtfahrzeug handelt, das die Täter in der Tiefgarage eventuell gewechselt haben.
Stücke gezielt aus der Vitrine entwendet
Gestohlen wurden drei Juwelengarnituren aus dem 18. Jahrhundert von Friedrich August I. (der Starke). Es handelt sich um eine Diamantengarnitur mit 20 Teilen, eine Brillantengarnitur sowie eine Diamantrautengarnitur mit jeweils 37 Teilen. Die Ensembles umfassen Knöpfe, Schnallen, Hutzier, Orden, Achselschleifen oder Stockknöpfe und sind mit Brillanten, Diamanten, Rubinen, Smaragden oder Saphiren besetzt. Wie viele Teile davon verschwunden sind, ist noch unklar. Die Stücke seien aber gezielt aus der Vitrine entwendet worden, so Musemschefin Ackermann.
Der Direktor des Grünen Gewölbes, Dirk Syndram, sagte, es handle sich bei den Garnituren um „eine Art Weltkulturerbe“. Die drei Ensembles umfassen laut Syndram zusammen insgesamt etwa 100 Schmuckstücke. Nach den Worten des Direktors gibt es nirgendwo in Europa eine vergleichbare Sammlung. Dabei gehe es nicht um den Wert der einzelnen Schmuckstücke: „Es ist wirklich der Ensemblewert, der da wichtig ist.“
Museum hofft, dass Täter den Schmuck nicht zerstören
Ein genauer finanzieller Schaden lasse sich nicht beziffern, sagte Ackermann. „Wir können es gar nicht in einem Wert auflösen, da es unverkäuflich ist - es gibt keinen finanziellen Wert, mit dem wir arbeiten.“ Sie fügte hinzu, der Materialwert der Schmuckstücke sei an sich nicht so hoch zu bewerten. Sie hoffe darauf, dass die Diebe die einzelnen Schmuckstücke nun nicht zerstören, um sie zu verwerten. Außerdem hoffe sie, dass die Diebesware „dem Markt entzogen ist“ und von den Dieben nicht verkauft werden könne, weil die Ensembles so bekannt sind.
Bezahlte ein reicher Kunstfanatiker die Diebe?
Fakt ist: Die Diebe gingen sehr professionell vor. Die Vitrine, in der sich die Schmuckstücke befanden, war mit Sicherheitsglas geschützt. Wie es den Tätern gelang, dieses zu zerstören, wissen die Ermittler zur Stunde nicht.
Der Kriminologe Christian Pfeiffer sagte gegenüber dem „Focus“, es sei nicht ausgeschlossen, dass ein reicher Kunstsammler die Täter bezahlt habe: „In der Kunstbranche ist es nicht ungewöhnlich, dass ein Superreicher ein Objekt entdeckt, welches er gerne in seinem Besitz hätte. Einer solchen Person ist es auch völlig egal, dass er diesen Gegenstand dann nicht verkaufen und auch nicht öffentlich herzeigen kann. Ihm geht es nur um das Bewusstsein, einen unvorstellbar wertvollen Schatz in seinem Besitz zu haben und ihn vielleicht seiner Freundin zeigen zu können.“
New Yorker Met-Museum „erschüttert“
Nach dem Einbruch zeigte sich der Direktor des New Yorker Metropolitan Museums, das derzeit einige Werke aus der berühmten Schatzkammer ausgeliehen hat, betroffen von dem Vorfall. „Wir sind erschüttert, von diesem Diebstahl zu hören“, sagte der Österreicher Max Hollein am Montag. „Das Met, und sicher die gesamte Museumswelt, hofft darauf, dass diese überaus wichtigen Werke sofort und sicher zurückkommen.“
Im Metropolitan Museum eröffnete unterdessen am Montag die Ausstellung „Making Marvels: Science and Splendor at the Courts of Europe“, die auch zahlreiche Leihgaben aus dem Grünen Gewölbe zeigt. Spektakulärstes Stück ist der „Grüne Diamant“, ein Hut-Schmuckstück mit einem einzigartigen Stein von 41 Karat und natürlicher Färbung. Die Schau soll bis zum 1. März 2020 in dem Museum am Central Park in Manhattan zu sehen sein.
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