Video veröffentlicht
Hier stehlen die Diebe Dresdens Juwelenschatz
Der Juwelendiebstahl in Dresden dürfte wohl als einer der spektakulärsten in die Geschichte der Kunst- und Museumsdiebstähle eingehen. Die Kriminalpolizei veröffentlichte am Montagabend ein Überwachungsvideo, auf dem zwei Einbrecher zu sehen sind. Die Ermittler gehen mittlerweile davon aus, dass noch weitere Personen an dem Coup beteiligt waren. Die Täter waren in das berühmte Grüne Gewölbe im Residenzschloss eingedrungen und hatten Juwelen von unschätzbarem Wert entwendet. Mittlerweile wurden auch Bilder der gestohlenen Schmuckstücke veröffentlicht.
Bisher fehlt von den Tätern jede Spur. Eine eilends eingerichtete Sonderkommission wurde auf 20 Beamte verdoppelt. Auf dem Schwarzweißfilm aus der Überwachungskamera im Juwelenzimmer ist zu sehen, wie zwei Männer mit Taschenlampen den Raum betreten. Einer von ihnen, mit einer Kapuze auf dem Kopf, schlägt mit einer Axt auf die Scheiben der Vitrine mit Brillant- und Diamantschmuck ein.
Täter durchtrennten Fenstergitter
Zuvor hatten die Täter laut Polizei das Gitter eines Fensters durchtrennt und waren zielsicher durch das Wappenzimmer ins Juwelenzimmer und zur entsprechenden Vitrine gegangen. „In Gänze dauerte die Tat nur wenige Minuten“, hieß es am Abend im Polizeibericht. „Die Täter müssen sich ausgekannt haben“, sagte Museumsdirektor Dirk Syndram.
Einige der kostbarsten Stücke gestohlen
Unter den gestohlenen Stücken sind nach Angaben der Staatlichen Kunstsammlungen (SKD) einige der kostbarsten Stücke der Juwelensammlung aus dem 18. Jahrhundert. Dabei handelt es sich um prominente Kunstwerke der Diamantrosen- und Brillantgarnitur sowie des Brillantschmucks der Königinnen, etwa Kleinod und Bruststern des polnischen Ordens des Weißen Adlers, die Große Brustschleife, eine Kette aus sächsischen Perlen, eine Epaulette (Schulterstück) und ein mit mehr als 770 Diamanten besetzter Degen.
Keine eigene Versicherung
SKD-Generaldirektorin Marion Ackermann sprach von einem „Staatsschatz“. Die Schadenshöhe ist noch unklar. Für die Schäden haftet der Freistaat Sachsen, eine eigene Versicherung gibt es nicht. Am Abend wurde bekannt, dass nicht alle Teile der betroffenen Garnituren entwendet wurden. Nachdem der Tatort erneut untersucht wurde, sei klar, „dass zum Glück doch eine ganze Menge Objekte noch da ist“, sagte Ackermann.
Stromverteiler in Brand gesteckt?
Der Einbruch war am frühen Montagmorgen gemeldet worden. Um 04.59 Uhr habe die Polizei vom Sicherheitsdienst die Information bekommen, sagte der Dresdner Polizeipräsident Jörg Kubiessa. Kurz darauf wurde der erste Streifenwagen alarmiert, wenig später waren demnach alle 16 im Stadtgebiet verfügbaren Einsatzwagen mit der Fahndung beauftragt. Geprüft wird ein möglicher Zusammenhang mit dem Brand eines Stromverteilers nahe der Augustusbrücke am frühen Montagmorgen. Dieser hatte für einen Stromausfall gesorgt. Dadurch fielen die Straßenlampen am Residenzschloss aus. „Es herrschte völlige Dunkelheit“, so Kubiessa.
Hinweisen zufolge flohen die Einbrecher mit einem Audi A6 vom Tatort. Ein solches Auto wurde später in einer Tiefgarage im Dresdner Stadtteil Pieschen in Brand gesteckt, nur wenige Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Der Audi wird nun untersucht. Bereits zuvor wollte die Polizei nicht ausschließen, dass die Täter über die Autobahn die Flucht angetreten hatten. Die Autobahnauffahrt ist nur wenige Minuten entfernt. Deshalb wurde auch die Bundespolizei eingeschaltet.
Nach Angaben von SKD-Chefin Ackermann lässt sich der Wert des Diebesguts nicht beziffern. Sie könne das nicht „in einem Wert“ auflösen. Die besondere Bedeutung liege weniger im Materialwert als in der Vollständigkeit des Ensembles. Ackermann hofft wie andere Experten, dass das Diebesgut aufgrund seiner „internationalen Bekanntheit“ nicht auf dem Kunstmarkt verkauft werden kann. Andererseits zeigte sie sich besorgt, die Garnituren könnten zerstört und deren Steine einzeln veräußert werden.
Sicherheitskonzept wird nun geprüft
Nach dem Einbruch soll nun das Sicherheitskonzept überprüft werden. Die Räume des Grünen Gewölbes galten bis dato als streng gesichert. Laut Ackermann hat das Sicherheitspersonal die Verdächtigen auf der Videoüberwachung gesehen und die Polizei verständigt. Das Personal sei nicht bewaffnet. Weltweit ist es Ackermann zufolge üblich, dass sich die Mitarbeiter in solchen Fällen keiner Gefahr aussetzen und die Polizei informieren.
Auch Polizeipräsident Kubiessa kündigte an, das Sicherheitskonzept auf den Prüfstand zu stellen. Aber dazu müsse man erst wissen, was passiert sei, sagte er. Die Dresdner Polizei nahm nach eigenen Angaben Kontakt zu Ermittlern in Berlin auf, um zu sehen, „was gibt es für ähnliche Tatmuster“. In Berlin hatten Unbekannte im Frühjahr 2017 im Bode-Museum eine 100 Kilogramm schwere Goldmünze gestohlen.
„Stücke von hoher nationaler identitätsstiftender Wirkung“
Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) nannte den Einbruch in Dresden schockierend. „Angesichts generalstabsmäßig organisierter, hochkrimineller Täter ist der noch stärkere Schutz unserer Museen und Kultureinrichtungen eine Aufgabe von höchster Priorität.“ Sie betonte, es gehe um „Stücke von hoher nationaler identitätsstiftender Wirkung. Wir hoffen, dass sie Deutschland nicht verlassen, und müssen dann weitersehen.“
Auch Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) zeigte sich entsetzt: „Nicht nur die Staatlichen Kunstsammlungen wurden bestohlen, sondern wir Sachsen“, sagte er. Die Werte im Grünen Gewölbe seien von den Menschen im Freistaat Sachsen über viele Jahrhunderte hart erarbeitet worden. „Man kann die Geschichte unseres Landes, unseres Freistaates nicht verstehen ohne das Grüne Gewölbe und die Staatlichen Kunstsammlungen Sachsens.“
1977 Sophienschatz aus Dresden gestohlen
Der Raub der Juwelen erinnert viele Dresdner an einen ähnlichen Coup im Jahr 1977. Damals wurde der Sophienschatz aus dem Dresdner Stadtmuseum gestohlen. Teile davon sind bis heute verschollen.
Sachsens Kurfürst August der Starke (1670-1733) ließ die Schatzkammer von 1723 bis 1730 anlegen. Heute wird sie in zwei Abteilungen präsentiert. Der historische Teil befindet sich im Erdgeschoß des Residenzschlosses in den authentisch wiederhergestellten Räumen der Sammlung. Eine Etage weiter oben zeigt das Neue Grüne Gewölbe besondere Einzelstücke.
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