Wettlauf mit der Zeit
Albanien: Verzweifelte Suche nach Verschütteten
Mehr als zwei Dutzend Tote, mindestens 650 Verletzte, eingestürzte Häuser und verwüstete Landstriche: Das ist die Schreckensbilanz des Erdbebens der Stärke 6,4, das in der Nacht auf Dienstag den Westen Albaniens rund um die Hafenstadt Durres heimgesucht hat. Weitere Opfer sind zu befürchten, denn unter den Trümmern werden noch zahllose Verschüttete vermutet. Bisher konnten Einsatzkräfte und Helfer 46 Überlebende bergen, die albanische Polizei stellte 1900 Mann ab, um die Suche zu beschleunigen. Nachbarländer, EU-Staaten und Hilfsorganisationen haben Rettungsmannschaften geschickt, der Wettlauf mit der Zeit wird immer dramatischer ...
Ministerpräsident Edi Rama erklärte den Mittwoch zum nationalen Trauertag. Staatliche Institutionen senkten die albanische Flagge auf halbmast. Außerdem kündigte Rama die Verhängung des Ausnahmezustands für die am schlimmsten betroffenen Regionen an. „Alle Staatsorgane wurden vom ersten Augenblick an mobilisiert, um jedes Menschenleben zu retten“, so Rama.
Erschütterungen über Hunderte Kilometer zu spüren
Das Epizentrum des schwersten Erdbebens seit Jahrzehnten in dem Balkanland lag zehn Kilometer nördlich von Durres und 30 Kilometer westlich der Hauptstadt Tirana. Das Zentrum wurde in zehn Kilometern Tiefe im Adriatischen Meer lokalisiert. Menschen liefen in Panik auf die Straße. Die Erschütterung war weithin in der Region zu spüren, so etwa in Nordwestgriechenland, Serbien und in Teilen Süditaliens.
„Ich spürte, dass sich mein Bett bewegte“
Die Katastrophe ereignete sich zu nachtschlafender Zeit gegen vier Uhr. „Mich riss es aus dem Schlaf, ich wusste nicht, wie mir war, ich spürte, dass sich mein Bett bewegte“, schilderte ein Bewohner Tiranas sein Erlebnis. „Dann bemerkte ich, dass alles wackelte, dass die Wände knarrten“, sagte der Mann. Etliche mehr oder weniger heftige Nachbeben folgten.
Verängstigte Menschen liefen schreiend auf die Straßen
Von Anrainern gepostete Videos im Internet zeigten eingestürzte Gebäude in Durres. Auf anderen Bildern waren zu Boden gefallene Trümmer und Risse und Löcher in Hauswänden zu sehen. Menschen seien schreiend auf die Straßen gelaufen, hieß es. Ein Mann sei aus Panik vom Balkon seines Hauses gesprungen und dabei ums Leben gekommen.
Rettungsteams arbeiten auf Hochtouren
Kurz nach dem verheerenden Beben liefen die Bemühungen der Rettungsmannschaften bereits auf Hochtouren. Die Helfer setzten Bagger ein, um die Trümmer der kollabierten Gebäude Schicht für Schicht abzutragen. Ein Katastrophenschutzteam der EU soll den albanischen Behörden bei der Koordinierung der Hilfen zur Seite stehen. Zur Beurteilung der Schäden können die Einsatzkräfte zudem Satellitenbilder des europäischen Copernicus-Dienstes nutzen. Viele Länder entsandten eigene Spezialkräfte nach Albanien.
Warnung des österreichischen Außenministeriums
Das österreichische Außenministerium warnte vor möglichen Nachbeben. Mitarbeiter von Rotem Kreuz, Caritas und Samariterbund sind in Albanien im Hilfseinsatz, beide Organisationen riefen via Aussendung am Dienstag zu Spenden auf. Wenn das ganze Ausmaß der Katastrophe klar wird, wird sich zeigen, welche Hilfe aus Österreich angefordert werden könnte.
Mehrere Nachbeben in der Region
Ein weiteres Erdbeben der Stärke 5,4 erschütterte am Dienstag um 10.20 Uhr das etwas weiter entfernt gelegene Bosnien-Herzegowina. Sein Epizentrum befand sich 80 Kilometer südlich von Sarajevo. Damit lag es etwa 250 Kilometer entfernt vom Epizentrum des albanischen Bebens. Über Schäden ist nichts bekannt. Das gilt auch für ein Seebeben, das am Mittwoch die Ägäis erschütterte, sowie wenig später für ein Erdbeben der Stärke 6,1 auf der Insel Kreta.
Die Region an der Nordseite des Mittelmeers ist stark erdbebengefährdet, weil sich dort die afrikanische Platte unter die eurasische Platte schiebt.
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