Eine etwa zweieinhalb Meter lange Bühne und seinen Körper: Mehr hat Schauspieler Theo Helm nicht zur Verfügung. Er spielt einen Vater, ein körperliches und seelisches Wrack. Sein Sohn liest den Text, ist nicht zu sehen.
Ein mutiger Ansatz, der nicht durch die Spielzeit von mehr als einer Stunde vor der Pause trägt. Zu begrenzt die Möglichkeiten für Helm, der nicht sprechen darf. Er zittert und zuckt, dass Ärmel und Beine seines Trainingsanzuges schlabbern – und doch sieht man sich irgendwann satt. Hat Louis in seinem Debütroman „Das Ende von Eddy“ seinen schwulenfeindlichen Papa ohne Gnade angegriffen, verschiebt sich sein Hass nun auf die Politik. Der Vater als Opfer der Oberen.
„Du warst ebenso das Opfer der Gewalt, die du ausübtest, wie derjenigen, der du ausgesetzt warst“, schreibt der Sohn. Das ist teilweise schwarzweiß. Und doch in seiner klaren Stoßrichtung glaubwürdig und brachial. Schwierigkeit: gleichzeitig auf den schnell gelesenen Text und Schauspieler Helm zu achten. Viele Zuschauer schließen für Minuten die Augen. „Ein toller Text, ich weiß aber gar nicht, ob ich das Schauspiel dazu brauche“, sagt eine Frau in der Pause. Als Hörbuch gibt es den Roman noch nicht …
Im zweiten Teil des Abends darf ein Vater sprechen. Stéphanie Chaillou schreibt über das wirtschaftliche Elend der Bauern in Frankreich. Über der rautenförmigen Bühne erstreckt sich jetzt Kunstrasen. Der Vater hat Agrartechnik studiert, hatte Träume – und erzählt von seinem Scheitern. Jetzt darf Schauspieler Helm zeigen, was er kann. Er wechselt geschickt die Tonlagen und Erzählgeschwindigkeiten. Spuckt den Hass des Vaters auf die Neider, die Lästerer, die Gesellschaft in Worten auf die Bühne. Am Ende bleibt ein Abend, an dem ein Sohn und ein Vater zu Wort, aber nicht ins Gespräch kommen. Ein Abend, der die Zuschauer im Foyer des Schauspielhauses zu Diskussionen anregt. Schön, wären unter ihnen Söhne mit ihren Vätern.
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