Klimagipfel in Madrid
Heißer Planet, kalter Wind für Greta
Auf dem UNO-Gipfel in Madrid wird Klimakämpferin Greta Thunberg sehnlichst erwartet. Die Zeit drängt, das Jahrzehnt von 2010 bis 2019 war das heißeste der Geschichte. Doch auch die Schwedin muss Kritik einstecken.
Der Selbstprofilierungs-Kurznachrichtendienst Twitter geht derzeit unter dem Hashtag #COP25 (so heißt der UN-Klimagipfel im Fachjargon) an Meldungen rund um die Klimakrise über. Da ist auf der einen Seite die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg, die nach fast drei Wochen auf hoher See im Hafen von Lissabon eingelaufen ist, und deren Ankunft in Madrid wie ein Bissen Brot herbeigesehnt wird.
Die dramatischen Appelle von 50 Staatschefs zum Auftakt des Gipfels waren nichts im Vergleich zu dem ungeduldigen Gezwitscher aus dem stürmischen Atlantik. Das portugiesische TV übertrug Gretas Ankunft live, doch entgegen aller Erwartungen will sich die Galionsfigur der Fridays-for-Future-Bewegung noch Zeit lassen.
Erst am Freitag will sie in Madrid aufschlagen und den Druck auf die Teilnehmer der Konferenz erhöhen. Zehn Stunden braucht der Zug von Lissabon nach Madrid, das sind immerhin 30 Stunden weniger, als die SPÖ-Abgeordnete Julia Herr unterwegs war, die aus Wien anreiste. Ohne Flugzeug, um aufzuzeigen, dass das europäische Bahnnetz eine Katastrophe sei. Bei Herr übertrug niemand live, Twitter erledigte den Rest.
Die Macht der Worte stößt auf Ablehnung
Der Wind, der Greta trotz Sonnenschein in Madrid entgegenbläst, ist kalt. Auf der anderen Seite regiert die Macht der Worte, die von Klimakrise-Leugnern (Achtung: „Eisbär-Märchen“) ausgerufene Klimahysterie. Die Zigtausenden Jugendlichen, die Greta folgen, bringen die Bewegung in Bedrängnis. Wer von den klimabewegten jungen Leuten mit Made-in-Vietnam-Turnschuhen hört schon gerne, dass das Suchen nach YouTube-Videos, Instagram-Storys & Co. mehr CO2 ausstößt als eine Stadt in der Größe von Graz, Linz und Innsbruck zusammen, weil die Server heißlaufen?
Wobei „heiß“ das Stichwort des Klimagipfels ist: Hitzewellen, Dürre und Waldbrände haben uns geprägt, nach Einschätzung der UNO gehen die Jahre 2010 bis 2019 als das heißeste Jahrzehnt in die Geschichte ein. 2019 zählt zu den heißesten drei Jahren seit 1850, dem Beginn der systematischen Auswertungen (siehe auch Grafik).
„Zeit zum Handeln“ ist das Leitmotiv des Gipfels. Ja, das ist es in der Tat.
Michael Pichler, Kronen Zeitung, berichtet vom Klimagipfel aus Madrid
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