Ein Student, der im vergangenen Oktober für Schlagzeilen sorgte, indem er sich mit einer schussbereiten Pistole in einen gut besuchten Hörsaal der Universität Wien setzte, ist am Donnerstag am Wiener Landesgericht wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz zu acht Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Zudem wurde dem 39-Jährigen die Weisung erteilt, sich von einem Psychiater untersuchen zu lassen.
Er habe „aus physiotherapeutischen Gründen“ die Glock samt passender Munition während der Vorlesung an der Fakultät für Physik am Gürtel getragen, machte der Angeklagte geltend. Er habe sich nämlich vor einiger Zeit bei einem Laborversuch verletzt, seither habe er Probleme mit der rechten Hand. Um die neurologischen Ausfallserscheinungen in den Griff zu kriegen, seien gewisse Maßnahmen erforderlich. Das schließe auch „Konzentrationsübungen“ mit der Glock ein, die er seinerzeit erworben hatte, weil er schon als Jugendlicher Interesse an Schusswaffen gehabt habe.
Konfuse Waffengeschichten
Beim Bundesheer habe er dann als Sanitäter Übungen „mit Herren vom Abwehramt“ absolviert, erzählte der 39-Jährige, der einen weißen Rollkragenpullover und ausgebeulte Hosen trug. Von da an habe er den Wunsch verspürt, „einfach den Umgang mit Waffen zu erlernen“.
Nach der Vorlesung am 16. Oktober, wo er mit der Pistole im Hörsaal erwischt und vom Sicherheitsdienst entfernt wurde - an der Uni gilt ein generelles Waffenverbot -, habe er sich einen Platz zum Schießen suchen wollen: „Ich wollte in Wien schießen gehen. Ich hab‘ geglaubt, ich kann dort hinkommen und eine Runde schießen.“ Dass sich andere Studenten fürchteten, als sie das Schießeisen an seinem Gürtel bemerkten, war für den 39-Jährigen unverständlich: „Ich hab‘ die Glock am Körper getragen, damit niemand sie stehlen kann und niemand gefährdet wird.“
"Ich hab' geglaubt, ich kann dort hinkommen und eine Runde schießen."
Der Angeklagte
Der 39-Jährige hatte zwar eine Waffenbesitzkarte, aber keinen Waffenpass, und war daher nicht zum Führen einer Pistole berechtigt. Das sah er vor Richterin Claudia Bandion-Ortner auch ein, weshalb er sich zum inkriminierten Vergehen gegen das Waffengesetz geständig zeigte. Er habe jedoch „ganz genau gewusst, wann es gefährlich mit einer Waffe ist“. Er habe ja regelmäßig „Trockenübungen“ gemacht und die Glock „sauber geputzt“.
Richterin hatte „ein bissl ein ungutes Gefühl“
Die Richterin räumte nach der Befragung des Angeklagten ein, sie habe „ein bissl ein ungutes Gefühl“, weshalb sie ihn nicht nur zu einer Bewährungsstrafe verurteilte, sondern auch zu einem Psychiater schickte. Binnen einem Monat muss der 39-Jährige einen Facharzt konsultieren. Sollte dieser zum Schluss kommen, dass dem Studenten eine Therapie guttut, muss er eine solche beginnen. Der 39-Jährige war mit der über ihn verhängten Strafe und der zusätzlichen richterlichen Weisung einverstanden. Die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab. Das Urteil ist damit nicht rechtskräftig.
Messer und Würgekette mitgebracht
Nach der Verhandlung gab der 39-Jährige den zahlreich erschienenen Journalisten Interviews. „Ich versteh die Hysterie nicht von euch allen“, meinte er. Der Mann war übrigens auch bewaffnet zu Gericht gekommen - bei der Sicherheitsschleuse im Eingangsbereich musste er ein mitgebrachtes Taschenmesser und eine Würgekette abgeben, die er nach seinem Prozess wieder abholte.
Weiteres Verfahren anhängig
Gegen den 39-Jährigen ist ein separates Ermittlungsverfahren wegen Verhetzung anhängig. Der Mann soll über Twitter Gewaltfantasien gegenüber dem Islam sowie rechtsextreme Gedanken verbreitet haben. Darauf von Richterin Bandion-Ortner angesprochen, behauptete der 39-Jährige, er verwende seinen Twitter-Account seit Sommer 2017 nicht mehr. Er sei gehackt worden, einen Unbekannter habe im Vorjahr in seinem Namen die laut Staatsanwaltschaft untersuchungswürdigen Tweets geschrieben. „Ich stehe neutral zum Islam. Zu Religion und Politik äußere ich mich nicht in sozialen Medien“, versicherte der Physikstudent.
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