Sechs Monate Proteste
Menschen in Hongkong lassen nicht locker
Sechs Monate nach dem Beginn der prodemokratischen Proteste in Hongkong sind in der chinesischen Sonderverwaltungszone am Sonntag bei einer Massenkundgebung hunderttausende Menschen auf die Straße gegangen. Es sei die „letzte Chance“ für die Hongkonger Regierungschefin Carrie Lam, auf Forderungen der Protestbewegung einzugehen, sagte der Aktivist Jimmy Sham von der Civil Human Rights Front (CHRF).
Überwiegend in schwarz gekleidete und teils maskierte Demonstranten versammelten sich am Nachmittag am Victoria-Park im Zentrum Hongkongs. Von dort setzte sich der Demonstrationszug in Richtung des Geschäftsviertels der Finanzmetropole in Bewegung. Bei Einbruch der Dunkelheit schalteten zahlreiche Demonstranten die Taschenlampen-Funktion ihrer Smartphones ein, sodass sich das Bild eines kilometerlangen Lichterteppichs ergab.
„Die Regierung hört nicht zu“
Viele Protestteilnehmer äußerten sich verärgert darüber, dass Regierungschefin Lam auch nach dem überwältigenden Sieg der Demokratiebewegung bei den Kommunalwahlen Ende November keine Zugeständnisse an die Demonstranten machte. „Egal, wie wir unsere Sichtweise zum Ausdruck bringen, durch friedliches Demonstrieren, durch zivilisierte Wahlen - die Regierung hört nicht zu“, sagte ein 50-jähriger Demonstrant namens Wong. „Sie folgt nur den Anordnungen der chinesischen Kommunistischen Partei“, fügte er hinzu.
Die Kundgebung ist die erste Massendemonstration seit Mitte August, die von der Polizei genehmigt wurde. Die Sicherheitskräfte kündigten zugleich an, Gewalt seitens der Demonstranten nicht zu tolerieren. Die CHRF, welche die Demonstration angemeldet hatte, steht für gewaltlosen Protest.
Seit sechs Monaten Proteste
Hongkong wird seit sechs Monaten von beispiellosen Massenprotesten erschüttert. Ausgelöst wurden die Proteste zunächst durch ein Gesetzesvorhaben, das erstmals Auslieferungen nach Festland-China ermöglicht hätte. Inzwischen richten sich die Proteste generell gegen die pro-chinesische Führung, den wachsenden Einfluss Chinas und die Einschränkung der Demokratie.
Im Zuge der Proteste kam es immer wieder zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. Seit dem Sieg der Demokratiebewegung bei den Kommunalwahlen haben die gewaltsamen Ausschreitungen aber abgenommen.
Beobachter gehen davon aus, dass sich die Demonstrationen fortsetzen werden. Zwar kündigte Lam an, das Auslieferungsgesetz zurückzunehmen, und erfüllte damit eine der Forderungen der Demonstranten. Die Protestbewegung will aber zudem erreichen, dass Hongkongs Regierungschefin künftig in wirklich demokratischen Wahlen gewählt und nicht wie bisher maßgeblich von Peking bestimmt wird. Zudem wollen die Demonstranten, dass die von ihnen angeprangerte Polizeigewalt bei den Protesten untersucht wird.
Die Organisatoren des Marsches der Civil Human Rights Front riefen am Sonntag zu einem friedlichen Protest auf. Auseinandersetzungen von Demonstranten mit der Polizei, die die Protestaktion anders als oft in den vergangenen Monaten nicht untersagte, sollten demnach vermieden werden. Dennoch begannen einige Demonstranten damit, Straßenblockaden zu errichten.
Polizeirazzia vor Protesten
Kurz vor Beginn des Marsches berichteten Hongkonger Medien von einer Polizeirazzia, bei der in der Früh Waffen radikaler Demonstranten sichergestellt worden seien, darunter auch eine Pistole. Demnach gab die Polizei an, dass die Waffen genutzt werden sollten, um bei dem Protestmarsch Chaos auszulösen.
Während der Proteste in den vergangenen Monaten ist es immer wieder zu schweren Ausschreitungen gekommen. Nach Angaben lokaler Medien hat die Polizei bisher etwa 6000 Demonstranten festgenommen.
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