Fünf Jahre keine Mieterhöhung - es klingt wie ein Traum, aber die deutsche Hauptstadt Berlin macht es möglich. Ganz reibungslos verläuft es dort natürlich nicht: Für den Mietendeckel bekommt Berlins Bürgermeister Michael Müller selbst ständig eins auf den Deckel. Kommt so eine Atempause für die Mieter auch in Wien?
Ob der Berliner Mietendeckel juristisch hält, ist noch nicht klar. Michael Müller rechnet mit einer Chance von 50 zu 50 (mehr Infos siehe Interview unten). Und bevor betroffene Wiener jetzt schon ausrechnen, was sie sich durch eine solche Fünf-Jahres-Sperre ersparen: In Wien ist alles komplizierter als in Berlin.
Eine Lösung wäre so ein Modell natürlich, aber Wien hat nicht die Kompetenzen von Berlin.
Walter Rosifka
„Eine Lösung wäre so ein Modell natürlich, aber Wien hat nicht die Kompetenzen von Berlin. In Deutschland haben die Länder mehr Rechte“, erklärt Walter Rosifka, Leiter des Teams Wohnen der Arbeiterkammer Wien. Das Einfrieren von Wuchermieten müsste also im Mietrechtsgesetz vom Bund verankert werden - ein Gesetz, bei dem seit Ewigkeiten nichts weitergeht.
Walter Rosifka weiter: „So eine Maßnahme hätte auch positive Auswirkungen auf die Wirtschaft. Wer nicht 50 Prozent fürs Wohnen ausgeben muss, kann mehr konsumieren. Eine Forderung der Kammer ist eine Mietpreisobergrenze im Mietrechtsgesetz. Das würde ja quasi den Effekt dieses Deckels haben.“
Fehlentwicklungen am Wohnungsmarkt
„In Berlin hat es auf dem Wohnungsmarkt Fehlentwicklungen gegeben, von denen Wien zum Glück weit entfernt ist“, heißt es - unabhängig der Kompetenzen - aus dem Büro von Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál (SPÖ). „Grundsätzlich ist es aber natürlich richtig, wenn eine Stadt die öffentliche Hand schützend über den Wohnungsmarkt legt und regulierend zum Wohl der Mieter eingreift.“
„Viele können sich Leben nicht leisten“
Die „Krone“ traf Berlins regierenden Bürgermeister Michael Müller zum Interview: Über den Mietendeckel und seine Empfehlungen an Wien.
„Krone“: Herr Bürgermeister, was war der Grund für das Einfrieren der Mieten?
Michael Müller: Wir haben gesehen, dass trotz vieler Bauaktivitäten die Mietpreise immer weiter steigen. Viele Menschen mit normalem Einkommen können sich das Leben in der Stadt nicht mehr leisten. Deswegen gibt es eine Atempause für die Mieter: fünf Jahre keine Mietsteigerung.
Was kosten denn die Mieten in Berlin?
Kommt natürlich auf die Lage an. Wir haben sehr niedrige Durchschnittsmieten, die liegen bei 7,50 Euro pro Quadratmeter, doch andere liegen eben bei zwölf oder 15 Euro. Unser großes Problem ist aber der neu gebaute Wohnraum und die Wiedervermietung, dass es da natürlich sehr hohe Einstiegsmieten gibt.
Ich nehme an, der Widerstand war enorm?
Von der Bauwirtschaft natürlich. Aber wir können zum Glück auch sagen, dass der Wohnungsbau nicht das einzige Segment mit großen Investitionsmitteln ist, sondern wir vergeben alleine im Schulbau fünf Milliarden Euro.
In Wien leben mehr als 60 Prozent der Bevölkerung in geförderten Wohnungen. Wie sieht es in Berlin aus?
Wir haben rund zwei Millionen Wohnungen, und davon sind rund 18 Prozent im städtischen Besitz. Dazu kommen noch einmal zwölf Prozent im Genossenschaftsbesitz.
Können Sie Wien den Mietendeckel empfehlen?
Wir sehen, egal wie groß der kommunale Bestand ist, die Menschen ziehen in die Städte, und dadurch steigen die Preise. Dass die Politik da eingreifen muss, halte ich für richtig.
Michael Pommer, Kronen Zeitung
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