„Es sind von den Ärzten Fehler passiert mit schwerwiegenden Folgen“, machte Staatsanwältin Katrin Ferstl klar und listete auf: Die OP sei zu rasch durchgeführt, die Nüchternfrist von sechs Stunden nicht abgewartet worden. Es sei zu einer „falschen Wahl der Narkose“ und zu einer „Überdosierung von Propofol“ gekommen. Das alles mündete in den Tod des kleinen David.
Anklagevorwurf „nicht gerechtfertigt“
Mit Worten des Bedauerns begannen die Verteidiger, ihre Sichtweise darzulegen, wechselten dann rasch in den Kritik-Modus: Helmut Hüttinger, Verteidiger des Kinderchirurgen (58), fand den Anklagevorwurf „nicht gerechtfertigt“. Anästhesist-Verteidiger Martin Schuppich stellte den Vorwurf der grob fahrlässigen Tötung in Abrede, verglich diesen mit einem betrunkenen Geisterfahrer. Das Aspirations-Risiko – das Risiko, während einer Narkose Erbrochenes einzuatmen, wie es bei David der Fall war – sei laut jüngsten Studien gar nicht so hoch, meinten die Advokaten. Schuppich sagte sogar, der Anästhesist habe versucht, „mit aller Sorgfalt vorzugehen“. Also jener Angeklagte, den Davids Mutter Stunden später mehrfach als „Mörder“ bezeichnete.
Augenscheinlich wirkte es auch so, dass es den Ärzten nicht nur um den Spitalstod eines Kindes geht. Anders gesagt: Dass sie diesmal nicht Leben retteten, zeigte charakterliche Facetten auf.
„Derartige Komplikationen noch nie erlebt“
So dürfte der Kinderchirurg stolz auf seine 27-jährige Laufbahn sein. Immer wieder unterstrich er seinen Erfahrungsschatz: So hätten konservative Formen der Blutstillung „aus Erfahrung keine Erfolgsaussichten versprochen“. Ein „massiver Blutverlust“ war bei all dem Gerede über die blutende Wunde aber „nicht zu befürchten“. Überhaupt habe er derartige Komplikationen noch nie erlebt, so der 58-Jährige. Über die Nicht-Nüchternheit wusste er Bescheid. Nur: „Es ist immer gutgegangen, bis auf diesen tragischen Fall.“
So werden Kinder im Landesspital „tagtäglich“ bei nicht-nüchternem Magen narkotisiert. In diesem Punkt gäbe es bei der Anästhesie „keine einheitliche Regelung“, monierte der Chirurg. Eine Dringlichkeit für die OP habe es nicht gegeben, er hätte sonst auch gewartet. „Es ist Sache der Anästhesie“, spielte er den Ball zum Mitangeklagten.
„Es war kein Druck, nur zügiges Arbeiten“
Der aber meinte, dass der Chirurg den OP-Zeitpunkt bestimmt hätte. Aus Zeitmangel sei auch kein EKG angeschlossen worden, da ohnehin der Puls am Finger gemessen worden sei. Wieso so eilig, fragte die Richterin. „Es war kein Druck, nur zügiges Arbeiten“, erwiderte der Anästhesist (42). In puncto Nicht-Nüchternheit habe er das Risiko zwischen Aspiration und Blutung abwägen müssen. „Retrospektiv war es ein Fehler.“ Er redete aber auch von einer Blutlache am Boden, als er David sah – die kein anderer Zeuge wahrnahm, weder die Eltern noch jene Ärztin, die David zuerst begutachtete.
„Die Blutung war zu keiner Zeit ein Thema“, machte Mutter Edda P. als Zeugin klar, sprach mit viel Emotionen in ihrer Stimme und ihrer Mimik von der „Liebe ihres Lebens“, die nicht mehr da ist. Der Prozess wurde vertagt.
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