Prozess-Auftakt

Brückeneinsturz: „Damals fehlte die Koordinierung“

Steiermark
12.12.2019 22:16

Das Bezirksgericht West in Graz erfuhr am Donnerstag einen ungewohnten Ansturm: Zwei Säle mussten zusammengelegt werden, der Richter sprach via Headset, damit er von allen verstanden wurde. Der Grund? Es war der erste Tag im Prozess um den Brückeneinsturz von Frohnleiten. Sieben Männer sind angeklagt.

„Hier haben wir ja mehr Komfort als beim Hypo-Prozess“, frohlockte einer der Verteidiger und lobte damit das bemühte Bezirksgericht. Auch für Richter Andreas Biegl, dessen Fachgebiet das Familienrecht ist, war die Bühne ungewohnt, an seiner Seite saß mit Staatsanwalt Hansjörg Bacher ein Routinier. Beschuldigt werden sieben Techniker im Alter von 44 bis 70 Jahren, sie waren allesamt in leitender Funktion bei dem Bauvorhaben tätig.

(Bild: INGRID KORNBERGER/APA/ picturedesk.com)

Der Vorwurf: fahrlässige Gemeingefährdung. „Die geplante Herstellmethode der Brücke wurde geändert, die Kommunikation unter den Unternehmen hat nicht gepasst. Dieser Einsturz wäre nicht eingetreten, hätte es eine lückenlose Koordination und Kommunikation gegeben“, meinte Bacher.

Gutachten wird von Verteidigern zerpflückt
Warum die Schnellstraßen-Brücke im Jahr 2015 zusammenbrach - nur wenige Sekunden, nachdem ein Zug unten durchfuhr -, ist in einem Gutachten festgehalten, das von einigen Verteidigern, gelinde gesagt, zerpflückt wurde. So hielt es der Anwalt eines 44-jährigen Oststeirers, wie einige seiner Kollegen, für „massiv lückenhaft“.

(Bild: Sepp Pail)
(Bild: Sepp Pail)

Der Einsturz des Tragwerks der Brücke sei deswegen geschehen, weil die sogenannte Aufstapelung nicht eingebaut wurde. Dabei werden Bretter zum langsamen Absenken einer Brücke verwendet und nacheinander herausgezogen. Im Fall von Frohnleiten sollen die Bretter aber nicht genutzt worden sein. Dieser Punkt sei im Gutachten nicht behandelt worden, so der Tenor eines Großteils der Verteidiger-Riege.

Diversion angestrebt
Schuldeinsichtig zeigten sich nur zwei der Angeklagten, die auch eine Diversion anstrebten. „Ich bin froh, dass es keine Verletzten gab. Ich habe mit meinem Team am Tag vor dem Einsturz noch an der Brücke gearbeitet“, sagte ein schuldbewusster Ingenieur (51), der das Gutachten auch nicht kritisierte. „Die Koordinierung fehlte damals.“

Er merkte an: „Wenn die Aufstapelung eingebaut gewesen wäre, wäre das nicht passiert.“ Auch ein 44-jähriger Niederösterreicher übernahm Verantwortung. Der Prozess geht im Februar 2020 weiter.

Porträt von Alexander Petritsch
Alexander Petritsch
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