Grazer Gericht:

Razzien bei Identitären-Chef Sellner rechtswidrig

Österreich
15.12.2019 13:11

Weil die laut Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes rechtsextreme Jugendbewegung der Identitären vom Massenmörder von Christchurch, der in Neuseeland bei einem Terroranschlag auf eine Moschee 50 Menschen getötet hat, eine Geldspende über 1500 Euro erhalten hat, kam es bei ihrem Anführer Martin Sellner (30) ab März zu zwei Razzien. Sellner legte bei einem Grazer Gericht Beschwerde ein - und bekam Recht. Die Hausdurchsuchungen bei ihm seien rechtswidrig gewesen, so das Urteil.

Wie der „Kurier“ berichtet, stand auch die ebenfalls in der rechtsextremen Szene beheimatete Frau des Identitären-Chefs, die US-Amerikanerin Brittany Pettibone, im Visier der Ermittlungen. Bei Sellner selbst kam es im März und nochmals drei Monate später zur Hausdurchsuchung. Auch die Konten des Aktivisten wurden von den Ermittlern kontrolliert.

Begründeter Anfangsverdacht fehlte
Wie das Gericht in Graz, bei dem Sellner nach Beginn der Ermittlungen Beschwerde eingelegt hatte, nun urteilt, sei dies allerdings nicht rechtens gewesen. Für die Kontoeinsicht und die Razzien habe ein begründeter Anfangsverdacht gefehlt, so das Gericht. Sellner lud am Tag nach der Bekanntgabe des Urteils in eine Wiener Gaststätte, um die „freudige“ Nachricht zu verkünden.

Identitären-Chef Sellner (Bild: APA/Roland Schlager)
Identitären-Chef Sellner

Lokal gewährte Sellner keinen Zutritt
Das Lokal - Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hatte dort seine Rücktrittspressekonferenz gehalten - verwehrte Sellner und seinen Unterstützern den Zutritt, weshalb er seine Botschaften am Gehsteig verbreitete. „Wieder einmal stehen wir im Freien, weil wir nicht reingelassen werden. Mein Büro ist die Straße“, so Sellner vor seinen Unterstützern.

Zitat Icon

Die Leute haben eher mit Trotz und Zorn darauf reagiert, das hat mich sehr gefreut.

Martin Sellner

Dem „Kurier“ erzählt Sellner, er habe durch die Berichterstattung zu seinem Fall eine „Rufschädigung“ erlitten. Das Interesse an den Identitären, die online etwa die rechtsextreme Verschwörungstheorie eines „Bevölkerungsaustauschs“ durch Zuwanderung propagieren, habe aber nicht nachgelassen. „Die Leute haben eher mit Trotz und Zorn darauf reagiert, das hat mich sehr gefreut.“

Demo der Identitären in Wien (Bild: APA/HERBERT PFARRHOFER)
Demo der Identitären in Wien

„Rechtsextreme Jugendorganisation mit faschistischen Anklängen“
Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, das seit 1963 rechtsextreme Aktivitäten in Österreich beobachtet, schreibt über Sellners Identitäre Bewegung Österreichs (IBÖ): „Bei der IBÖ handelt es sich um eine rechtsextreme Jugendorganisation mit vielfältigen faschistischen Anklängen in Theorie, Ästhetik, Rhetorik und Stil. Durch Aktionismus mit begleitender Pressearbeit nach dem Vorbild von NGOs und intensive, vergleichsweise professionelle Bespielung sozialer Medien wird eine große Breitenwirkung angestrebt. Als offen rechtsextrem identifizierbar sind die Identitären aufgrund ihrer Überordnung des ,Volkes‘ als ,organische Gemeinschaft‘ über das an Rechten gleiche Individuum. Diese vermeintlich natürliche Abstammungsgemeinschaft wird als ,vom Zerfall‘ bedroht angesehen.“

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