Dienste wie Instagram, TikTok oder Snapchat werden insbesondere von jungen Menschen gern genutzt. Bei vielen ihrer Nutzer handelt es sich - auch, wenn die AGB das eigentlich nicht gestatten - um Minderjährige. Das wissen auch Pädophile, die auf solchen Plattformen nach Opfern suchen. Die Mitarbeiterin einer US-amerikanischen IT-Firma wollte wissen, wie bedrohlich die Lage wirklich ist, und erstellte das Fake-Profil eines elfjährigen Mädchens. Binnen 52 Sekunden erhielt sie die erste Nachricht. Nach 2,5 Stunden hatte sie die Geschlechtsteile von elf Männern gesehen.
Das beschreibt eine Frau, die - für ihren Job will sie anonym bleiben - Sloane Ryan (37) genannt werden will und beim IT-Sicherheitsunternehmen Bark arbeitet, in einem ausführlichen Bericht auf Medium.com. Bei Bark entwickelt man eine Künstliche Intelligenz, die automatisch die Eltern alarmieren soll, wenn ihre Kinder von Sex-Tätern kontaktiert werden.
Sie habe sich für ihren Job - die KI wird mit realen Chats mit Pädophilen trainiert - schon öfter falsche Profile bei Instagram erstellt, mal als 14-Jährige, mal als 16-Jährige. Zuletzt hat sie sich als Elfjährige ausgegeben, saß entsprechend verkleidet und geschminkt vor dem PC - und probierte aus, was für Nachrichten eine Elfjährige erhält, nachdem sie ein Foto von sich postet.
Erste Kontaktaufnahmen nach wenigen Sekunden
Es dauerte keine Minute, bis der erste erwachsene Mann sie kontaktierte. Ein paar Sekunden später ein zweiter. Insgesamt 15 in den ersten zwei Stunden. Die Hälfte von ihnen hätte man direkt wegen des Versands von obszönem Content an Minderjährigen anzeigen können, so Ryan. Das Muster, nach dem die Pädophilen vorgehen, sei dabei häufig das gleiche.
Zuerst machen sie der Elfjährigen Komplimente. Sie sei so schön, sie müsse ein Model sein, fängt einer der Männer ein Gespräch an. Wenn sie keines sei, solle sie eines werden. Er - sein Profil lässt auf einen etwa 40-Jährigen schließen - sagt, er sei 19. Sie sagt, sie sei elf. Ihm macht es nichts aus.
Ein anderer Mann fragt die falsche Elfjährige, wie es ihr geht, erklärt sich als Fan ihrer Fotos. Dann fragt er weiter: Ob die Eltern dem Mädchen denn schon einen Freund erlaubten? Nein, antwortet Ryan. Ob sie denn einen geheimen Instagram-Freund haben wolle, fragt er weiter. Keine fünf Minuten später schickt er ein Video, das ihn beim Masturbieren zeigt.
Videoanrufe, Nachrichten, Masturbations-Videos
Einer der Pädophilen, die auf die falsche Elfjährige hereingefallen sind, startete nach den ersten paar Chatnachrichten ein Videotelefonat. Die verkleidete und geschminkte Ryan dimmte das Licht, damit der Schwindel nicht aufflog, und nahm ab. Ein Mann mit britischem Akzent und nacktem Oberkörper flüstert in sein Handy, dass er sie besser sehen wolle.
In Summe habe sie in den zweieinhalb Stunden, nachdem das Instagram-Profil der falschen Elfjährigen veröffentlicht wurde, sieben Videotelefonate mit erwachsenen Männern geführt, zwei Dutzend weitere Videoanrufe ignoriert, mit 17 Männern gechattet und die Geschlechtsteile von elf Männern sehen müssen. Auch etliche Anfragen, sie möge doch Nacktfotos von sich verschicken, habe sie erhalten. Nachdem das Profil eine Woche online war, hatten sich 52 Männer gemeldet.
Verstörende Protokolle werden den Behörden übergeben
Für Ryan, selbst Mutter einer Tochter, sei ihre Arbeit durchaus belastend, oft auch verstörend, schreibt sie. Die Chats müssen nicht nur geführt, sondern auch aufgearbeitet und protokolliert werden, um sie den Behörden zu übergeben. Das Wissen, dass diese potenzielle Sex-Straftäter aus dem Verkehr ziehen, die von ihr und ihrem Team entdeckt wurden, gebe ihr trotz allem die Kraft weiterzumachen.
Für das Unternehmen Bark sind die Chat-Protokolle, die Ryan und andere Mitarbeiterinnen sammeln, aber noch aus einem anderen Grund wertvoll. Sie werden genutzt, um eine Künstliche Intelligenz zu trainieren, die verwendet wird, um Social-Media-Profile von Kindern zu überwachen und Alarm zu schlagen, wenn verdächtige Nachrichten eintreffen. 100 US-Dollar im Jahr verlangt Bark für seine Dienste. Laut eigenen Angaben hat das Unternehmen bereits 4,2 Millionen Kunden.
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