EU und Russland erbost
US-Sanktionen gegen Nord Stream 2 sind in Kraft
US-Präsident Donald Trump hat die vom Kongress beschlossenen Sanktionen gegen den Bau der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 kurz vor deren Fertigstellung in Kraft gesetzt. Bei einer Zeremonie in der Luftwaffenbasis Andrews bei Washington unterzeichnete er am Freitagabend den neuen Verteidigungshaushalt (siehe auch Video oben), in dem die Strafmaßnahmen enthalten sind, die den „Schutz von Europas Energiesicherheit“ zum Ziel haben. Von Deutschland, Russland und der EU-Kommission hagelte es Kritik an den US-Sanktionen.
Nord Stream 2 soll vom kommenden Jahr an unter Umgehung von Polen und der Ukraine Gas von Russland nach Deutschland liefern. Bisher wurden nach Angaben des Nord-Stream-2-Konsortiums mehr als 2100 Kilometer des Doppelstrangs in der Ostsee verlegt, nur mehr 300 Kilometer fehlen. Die USA argumentieren, dass sich Deutschland mit der Pipeline in Abhängigkeit von Moskau begeben würde, und wollen selbst mehr Gas nach Europa verkaufen. Die deutsche Regierung und die EU hatten erfolglos gegen die Sanktionspläne protestiert.
Betreiberfirmen der hoch spezialisierten Schiffe im Visier
Die US-Sanktionen zielen auf die Betreiberfirmen der hoch spezialisierten Schiffe ab, mit denen die Rohre für die Pipeline verlegt werden, darunter etwa den Schweizer Offshore-Dienstleister Allseas. „Wir verstehen, dass die russische Regierung der Schweizer Firma Allseas eine bedeutende Geldmenge dafür bezahlt, die Nord-Stream-2-Pipeline fertigzustellen“, hatte es zuvor in einem Brief der republikanischen Senatoren Ted Cruz - der das Sanktionsgesetz eingebracht hat - und Ron Johnson an Allseas-Chef Edward Heerema geheißen.
Erstes Unternehmen machte bereits einen Rückzieher
Und weiter: Sollte die Firma die Arbeiten aber „auch nur für einen einzigen Tag“ nach Unterzeichnung des US-Sanktionsgesetzes fortführen, drohten ihr „potenziell vernichtende rechtliche und wirtschaftliche Sanktionen“. Dies zeigte Wirkung: Allseas kündigte bereits an an, den Pipeline-Bau bis auf Weiteres auszusetzen. Man werde die Arbeiten erst wieder im Einklang mit der Gesetzgebung aufnehmen und erwarte Orientierungshilfe der zuständigen US-Behörde - bestehend aus nötigen regulatorischen, technischen und ökologischen Klarstellungen, hieß es.
Berlin: „Werden uns dieser Erpressung nicht beugen“
Die deutsche Regierung kritisierte die US-Sanktionen scharf. „Sie treffen deutsche und europäische Unternehmen und stellen eine Einmischung in unsere inneren Angelegenheiten dar“, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin, Ulrike Demmer, am Samstag. Die US-Maßnahmen würden insbesondere mit dem Schutz der Ukraine begründet, doch sei am Donnerstag in Berlin eine Grundsatzeinigung über einen neuen Gastransitvertrag zwischen Russland und der Ukraine erzielt worden. Vor diesem Hintergrund sei das US-Vorgehen gegen Nord Stream 2 „besonders unverständlich“.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich meinte, der US-Kongress habe mit seinem Beschluss bereits erheblich in die energiepolitische Souveränität der EU eingegriffen. Die unmittelbare Inkraftsetzung durch Trump sei nun ein zusätzlicher Schritt, der das transatlantische Verhältnis weiter belasten werde. „Die EU und Deutschland sind für Trump offenbar keine verbündeten Partner, sondern tributpflichtige Vasallen.“ Eigenständigkeit werde sanktioniert - „und diesen erpresserischen Methoden werden wir uns nicht beugen“.
Moskau: „USA wollen Europa teures Gas aufzwingen“
Russland erklärte, die USA versuchten mit ihren Sanktionen, Russland als Konkurrenten vom europäischen Energiemarkt zu verdrängen und US-Firmen zu etablieren. Ziel sei es, die Europäer zum Kauf des „teuren Flüssiggases aus den USA zu zwingen“, obwohl das „unwirtschaftlich“ sei, sagte der Parlamentsabgeordnete Dmitri Nowikow am Samstag. Und die Regierung teilte mit, der Bau werde fortgesetzt. „Russland hat seine Wirtschaftsprojekte umgesetzt und wird sie weiter umsetzen - unabhängig von irgendwelchen Sanktionen“, hieß es aus dem Außenministerium. Präsident Wladimir Putin hat zudem Gegenmaßnahmen auf die US-Sanktionen angekündigt.
Die EU-Kommission äußerte wie Berlin und Moskau Kritik am Vorgehen der USA. Die EU lehne grundsätzlich Sanktionen gegen europäische Unternehmen ab, die „rechtmäßige Geschäfte“ betrieben. Brüssel habe „klare Regeln“ für Pipelines, die den europäischen Gasmarkt mit einem Drittstaat verbinden.
Konsortium hält an Pipeline-Fertigstellung fest
Wie die russische Regierung teilte auch das Nord-Stream-2-Konsortium am Samstag mit, trotz der US-Sanktionen am Pipeline-Bau festzuhalten: „Das Projekt fertigzustellen ist unerlässlich für die europäische Versorgungssicherheit. Zusammen mit den beteiligten Firmen werden wir daran arbeiten, die Pipeline so schnell wie möglich fertigzubauen.“
Gesamtkosten von rund zehn Milliarden Euro
Hinter der zweiten Ostsee-Pipeline zwischen Deutschland und Russland steht zum einen der russische Staatskonzern Gazprom, der die Hälfte der geplanten Gesamtkosten von rund zehn Milliarden Euro stemmen soll. Die andere Hälfte finanzieren fünf europäische Energieunternehmen - OMV, Wintershall-Dea, Uniper, Royal Dutch Shell und Engie.
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