Causa Justizwache

Videokonferenzen sollen Personalnot lindern

Tirol
23.12.2019 11:30

Der Innsbrucker „Ziegelstadl“ kämpft mit einem massiven Personalmangel. Gewerkschafter legen nun einen Lösungsansatz vor: Haftprüfungen sollen künftig via Videokonferenz abgehalten werden, um sich Ausführungen an das Gericht zu sparen. Doch dagegen gibt es Einsprüche.

Die Causa ist einfach erklärt: Ein Richter beruft den Termin für eine Haftprüfungsverhandlung im Gerichtssaal ein. Er lädt dafür den Anwalt ein und auch der jeweilige Insasse, um den sich die Verhandlung dreht, muss natürlich daran teilnehmen. „Es ist unsere Aufgabe, die Häftlinge zu diesen Prüfungen von der Anstalt an das Gericht zu bringen. Zwei Beamte werden dafür abgestellt. Pro Jahr sprechen wir hier von mehreren Hundert Fahrten“, erklären die beiden Gewerkschafter Oliver Wille und Erich Kleinhans.

Doch die Situation könnte für die von Personalnot geplagte Justizwache erleichtert werden. „Die Insassen könnte man zu jeder Haftprüfung, die oft reine Formsache ist, via Videokonferenz hinzuschalten. Sie würden in der Anstalt bleiben und wir könnten unsere Kapazitäten anders einsetzen“, sagen die Gewerkschafter.

Die Justizanstalt in Innsbruck (Bild: zeitungsfoto.at)
Die Justizanstalt in Innsbruck

„Räume samt Technik sind bereits vorhanden“
Technische Hürden gäbe es hierfür keine mehr. „Bereits vor Jahren hat man in jeder Anstalt und in jedem Gericht einen Videokonferenzraum samt Technik eingerichtet“, sagt Martin Johann Schöpf, Vorsitzender des Zentralausschusses der Justizwache. Es handle sich um eine Vorgehensweise, die sich in anderen Anstalten schon etabliert hat.

„Haftprüfungen sind keine reine Formsache“
Was sagt die Richterschaft zu diesem Lösungsansatz? „Forderungen der Gewerkschaft fremder Dienstbehörden können vom Landesgericht Innsbruck nicht kommentiert werden“, betont Mediensprecher Andreas Stutter und stellt klar: „In Haftprüfungsverhandlungen wird über die Fortdauer massivster Eingriffe in die persönliche Freiheit von Menschen entschieden, sodass die Einschätzung, es handle sich um eine Formsache, ganz und gar nicht geteilt werden kann. Im Übrigen stellt es eine Angelegenheit der Rechtsprechung dar, ob der unmittelbare, persönliche Eindruck durch die Anwesenheit im Verhandlungssaal für notwendig oder eben ein Kontakt per Videokonferenz als ausreichend erachtet wird.“

(Bild: Christof Birbaumer)

Mit jeder einzelnen Verhandlung per Videokonferenz gehen zudem organisatorische Hürden einher. So sei beispielsweise die Verfügbarkeit der Anlage gerade in dringenden Angelegenheiten nicht garantiert. „Abschließend erlaube ich mir an dieser Stelle auf die seit Jahren außerordentlich gute Zusammenarbeit mit dem Vorführteam der Justizanstalt Innsbruck zu verweisen“, sagt Stutter gegenüber der „Tiroler Krone“.

„Ausbau wird forciert“
Im aktuellen Wahrnehmungsbericht des Bundesministers für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz namens „Maßnahmen für eine moderne und qualitätsvolle Justiz“, der der „Krone“ vorliegt, geht Clemens Jabloner auf die österreichweiten Ausführungen von Häftlingen im Jahr 2017 ein und forciert in diesem Zusammenhang sogar den Ausbau von Videokonferenzen.

Clemens Jabloner (Bild: APA/ROBERT JAEGER)
Clemens Jabloner

„2017 waren 43.159 Ausführungen zu verzeichnen. Aufgrund der sich verändernden Insassensituation sind zunehmend erhöhte Sicherheitsanforderungen, wie die Erhöhung der Bedienstetenstärke der Eskorte bzw. zunehmendes Erfordernis der Unterstützung durch Justizwache-Beamte der Einsatzgruppen bei Eskorte, zu berücksichtigen. Durch den Ausbau der Nutzungsmöglichkeiten der Videokonferenz wird bereits jetzt versucht, dem Anstieg im Bereich der Ausführungen entgegenzusteuern“, formuliert Jabloner auf Seite 20 im Wahrnehmungsbericht, der am 11. November 2019 erschienen ist.

Verhandlungen in Anstalt
„Früher haben die Richter einen Dienstbus gehabt, mit dem sie in die Justizanstalt Innsbruck transportiert worden sind. Vor Ort haben sie dann zum Beispiel über die Verhängung der Untersuchungshaft entschieden“, erklärt Martin Johann Schöpf, Vorsitzender des Zentralausschusses der Justizwache.

(Bild: Christof Birbaumer/Kronen Zeitung)

Den Beamten blieb es dadurch erspart, gefährliche bis hochgefährliche Gefangene mittels Fahrzeugen an das Gericht zu bringen. „Auch diese Variante würde unsere Arbeit selbstverständlich enorm erleichtern“, bestätigen die beiden Gewerkschafter Oliver Wille und Erich Kleinhans. Doch auch von diesem Ansatz sind die Richter des Landesgerichtes Innsbruck wenig begeistert. „Eine regelmäßige Verhandlung in der Justizanstalt Innsbruck wird seit jedenfalls mehr als zehn Jahren nicht durchgeführt“, klärt Mediensprecher Andreas Stutter auf.

Die Verhandlung in der Anstalt würde für die Richterinnen und Richter eine „unzumutbare zeitliche Inanspruchnahme“ darstellen. Irgendwie funktioniert es aber doch: „Während des Journaldienstes an Wochenenden wird über die U-Haft aber ohnehin in der Justizanstalt verhandelt. Auch bei Sonderkonstellationen ist dies der Fall“, sagt Stutter.

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