Bei TAGO in Linz können Menschen einer Beschäftigung nachgehen - und das natürlich ganz ohne Druck, wie die „Krone“ kurz vor Weihnachten bei einem Besuch erleben durfte.
Die Holzbank, bei der die Sitzfläche aus Fahrradreifen hergestellt wurde, wurde mit einem „Verkauft“-Schild versehen. In kleinerer Schrift ist darunter die Anmerkung „auf Wunsch gerne wieder“ zu lesen. Jörg Horner nimmt gegenüber auf einem Hocker Platz, der mit alten Feuerwehrschläuchen bespannt und so „sitztauglich“ wurde. „Das alles machen unsere Leute ganz selbstständig“, sagt der Leiter der TAGO-Werkstatt, die zum Linzer Sozialverein B37 gehört.
In der Fichtenstraße 4 wird Männern und Frauen eine fähigkeitsorientierte Aktivität nach dem Chancengleichheitsgesetz geboten. Was sperrig klingt, bedeutet, dass es für Menschen mit psychiatrischem Hintergrund oder einer behandelten Alkoholabhängigkeit die Möglichkeit gibt, wieder einer Tätigkeit nachzugehen – vier Tage pro Woche, jeweils von 8.30 bis 15 Uhr, dafür gibt’s ein Taschengeld.
„Bei uns passiert alles ohne Druck. Jeder tut das, was er macht, in der Geschwindigkeit, in der er will“, sagt Lukas Etzelstorfer, der sich nach der Informatik-HTL zum Fachsozialbetreuer für Altenarbeit ausbilden ließ und nun bei der TAGO an der Seite von Horner werkt.
„Aufgaben, die passen“
Die Räume sind zweckmäßig eingerichtet, ohne Schnick-Schnack. Jeder geht seinen Weg: Manfred malt gerade ein Bild, das einen finster dreinschauenden Weihnachtsmann zeigt, einen „Weihnachtsverweigerer“. Gerhard bessert ein Stück Holz nach, damit er den Spielzeughund mit Ohren ausstatten kann. Manuel sitzt im Aufenthaltsraum und zeichnet Pläne. Unter die Obhut von Horner und Etzelstorfer fallen insgesamt 12 Menschen, die sich unbefristet betätigen können. „Wir suchen Aufgaben, die für die Leute passen“, sagt Horner, „es ist irrsinnig viel Entwicklung möglich“. Nistkästen, Insektenhotels, Kerzenständer, Schlüsselanhänger, sogar Schachbretter samt Figuren aus Holz finden Platz in den Regalen. Die Linzer arbeiten dabei ausschließlich mit heimischem Holz, manches davon kommt aus der Brennholzkiste, dazu werden Autogurte, Feuerwehrschläuche und Fahrradreifen verarbeitet: „Echtes Upcycling“, so Etzelstorfer. Abfallprodukte oder scheinbar nutzlose Dinge bekommen hier eine neue Bestimmung – ein Bild mit echter Symbolkraft.
Barbara Kneidinger, Kronen Zeitung
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