Missbrauch in Kirche

Klasnic stellt Modell für Entschädigung von Opfern vor

Österreich
25.06.2010 16:04
Die von Kardinal Christoph Schönborn eingesetzte Opferanwaltschaft zu den Missbrauchsfällen in der Kirche hat am Freitag ihr Modell für Entschädigungszahlungen vorgestellt. Dabei soll es Abgeltungen von 5.000 Euro bei leichten und bis zu 25.000 Euro bei schweren Fällen geben, hieß es nach einer Sitzung der Kommission unter dem Vorsitz von Waltraud Klasnic. Die Plattform "Betroffene Kirchlicher Gewalt" lehnt die vorgeschlagenen Summen "postwendend ab" und sieht stattdessen eine "neuerliche Beleidigung der Betroffenen".

Bei den Summen orientiere man sich an der Judikatur der vergangenen Jahre, wobei die Kommission beschlossen hat, dass die freiwillige Entschädigungsleistung der katholischen Kirche über den durchschnittlichen staatlichen Sätzen liegen soll.

Bis zu 25.000 Euro für Opfer
5.000 Euro sind für leichte Fälle "ohne überschießende Gewaltanwendung" vorgesehen, 15.000 Euro für mehrfache Übergriffe über einen längeren Zeitraum hinweg oder eine "geringe Zahl an schwerwiegenden Übergriffen unter Gewalteinwirkung". Opfern von "über mehrere Jahre hinweg fortgesetztem Missbrauch mit Verletzungsfolgen und/oder fortdauernden seelischen Schmerzen" stehen laut Klasnic-Kommission 25.000 Euro zu. In "besonders extremen Einzelfällen" will man aber auch diese Grenze überschreiten.

Klasnic (im Bild mit dem langjährigen Präsidenten des Wiener Stadtschulrates Kurt Scholz), die davon ausgeht, dass die Kirche die Summen aus ihrer dafür angekündigten Stiftung begleichen werde, betonte, dass die Summen zusätzlich zu den Therapiekosten erstattet werden sollen.

Erste Zahlungen voraussichtlich im Herbst
Die Opferschutzanwaltschaft geht von ersten freiwilligen Zahlungen an Missbrauchsopfer im Herbst aus. Dann sollte auch die von Kardinal Schönborn angekündigte "Stiftung Opferschutz" (Bericht in der Infobox) eingerichtet sein, so Kommissions-Mitglied Brigitte Bierlein am Freitag.

Wer nun Geld von der Kirche für erlittenes Leid annimmt, muss allerdings nicht auf weitere rechtliche Schritte verzichten. "Es gibt keine Verzichtsklausel", erklärte Bierlein. Allerdings müsse der bereits erhaltene Betrag von einer gerichtlichen Entschädigung wieder abgezogen werden, ergänzte Kommissions-Mitglied Udo Jesionek.

Angebot für Opfer-Plattform "Beleidigung"
Die Plattform "Betroffene Kirchlicher Gewalt" lehnt die vorgeschlagenen Entschädigungssummen "postwendend ab" und sieht stattdessen eine "neuerliche Beleidigung der Betroffenen". Im Gegensatz zur Kommission ist man dort der Meinung, die angebotenen Summen seien keinesfalls großzügiger als in der gerichtlichen Praxis, hieß es am Freitag.

"Gerade eine Institution wie die römisch-katholische Kirche, die über ein Milliardenvermögen verfügt, ist nicht mal bereit, in der Höhe der - ohnehin geringen - gerichtlichen Praxis zu entschädigen", so ein Sprecher der Plattform. Klaus Fluch, Betroffener und Vorstandsmitglied der Plattform, zieht dazu einen drastischen Vergleich: "Kein Kommissionsmitglied und kein Mitglied der Bischofskonferenz würde sich für 25.000 Euro einer jahrelangen Vergewaltigung aussetzen wollen, so wie ich das als Kind erleiden musste. Die Kirche wird keinen Frieden finden, ehe sie nicht für ihre Verbrechen in angemessener Form Entschädigung leistet."

Abermals stellte die Plattform, deren Anwalt bis zu 130.000 Euro pro Opfer von den Diözesen verlangt (Bericht in der Infobox), die Unabhängigkeit der von Kardinal Schönborn eingesetzten Opferschutzanwaltschaft infrage. Zudem überlasse die Politik den Tätern die Wiedergutmachung: "Es ist ohne Beispiel in der österreichischen Justizgeschichte, dass die Vertreter der Täterorganisation selbst über die Höhe des Schmerzensgeldes des von ihr verursachten Leides entscheidet", so die Plattform.

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