Neujahrskonzert 2020

Debüt-Dirigent Nelsons griff selbst zur Trompete

Wien
01.01.2020 14:05

Andris Nelsons hat sein Debüt als Dirigent des Neujahrskonzerts mehr als souverän bestanden. Der Lette hatte kräftig in der Wiener Ursuppe gerührt und den Rezepten der Strauß-Dynastie opulente Würze verliehen. Und bei Hans Christian Lumbyes „Postillon-Galopp“ griff der Orchesterleiter sogar selbst zur Trompete. Und mit Altmeister Riccardo Muti steht auch schon die Besetzungen des Dirigentenpults für 2021 fest.

Es dürften keine ungetrübten Proben für den 41-jährigen Dirigenten gewesen sein. Erst vor einem Monat war sein Mentor und Landsmann Mariss Jansons gestorben, der bereits drei Mal das Neujahrskonzert dirigiert hatte, zuletzt 2016. Nelsons, den Wiener Philharmonikern schon zuvor künstlerisch eng verbunden, antwortete von Beginn an mit der im Vorfeld angekündigten Lebensfreude: Carl Michael Ziehrers Ouvertüre zur Operette „Die Landstreicher“ erfüllte den Goldenen Saal mit positiver Wucht.

Dirigent griff selbst zur Trompete
Auch danach hatte Nelsons immer die große Klangwolke im Sinn. Wenn er etwa bei der Italien-Hommage „Wo die Citronen blüh‘n“ (Johann Strauß Sohn) Ritardandi auskostet, oder bei Franz von Suppes Ouvertüre zur Operette „Leichte Kavallerie“ die Sporen einsetzt. Der Lette bewies sich stets als Meister der Dynamik, der auch über seine Rolle am Pult hinaus gerne ins Geschehen eingreift und bei Hans Christian Lumbyes „Postillon-Galopp“ selbst zur Trompete greift.

Bejubelt wurde Nelsons auch vom prominenten Publikum, darunter Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein mit dem schwedischen Ministerpräsidenten Stefan Löfven, Bundespräsident Alexander Van der Bellen und sein Amtsvorgänger Heinz Fischer oder Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) mit seinem kroatischen Amtskollegen Gordan Jandrokovic.

Viele Jubiläen
Nicht nur das Strauß-Gestirn und dessen musikalische Nachbarn standen im Zentrum des Geschehens. Beethoven, dessen Geburtstag sich heuer zum 250. Mal jährt, war mit einer Auswahl seiner „12 Contretänzen“ vertreten - die auffallend fragil dargeboten wurden. An die Gründung des Musikvereins wurde gleich mit mehreren Stücken erinnert, etwa mit dem Walzer „Freuet Euch des Lebens“ von Strauß Sohn. Mit dem Walzer „Liebesgrüße“ des heuer vor 150 Jahren verstorbenen Bruders Josef grüßte man unterdessen die Salzburger Festspiele.

(Bild: APA/HERBERT NEUBAUER)

„Prosit Neujahr“ fast vergessen
Auch durch die traditionellen Zugaben führte der Philharmonikerliebling Nelsons mit Souveränität und wohldosiertem Bombast - auch wenn der Neujahrskonzertdebütant vor dem „Donauwalzer“ beinahe das traditionelle „Die Wiener Philharmoniker und ich wünschen Ihnen Prosit Neujahr“ vergessen hätte. Dennoch kitzelte er zum Schluss die letzten Nuancen aus dem Strauß-Klassiker, schob beim „Radetzky-Marsch“ noch einmal kräftig beim Tempo an und schickte das Publikum so akustisch berauscht ins neue Jahr.

Riccardo Muti wird im kommenden Jahr die Wiener Philharmoniker dirigieren - bereits zum sechsten mal. (Bild: APA/HANS PUNZ)
Riccardo Muti wird im kommenden Jahr die Wiener Philharmoniker dirigieren - bereits zum sechsten mal.

Riccardo Muti 2021 am Dirigentenpult
Übrigens: Im Jahr 2021 wird erneut Riccardo Muti das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker im Musikverein dirigieren. Das gab das Orchester am Mittwoch bekannt. Damit setzt man auf einen echten Routinier, hat der Italiener doch bereits fünf Mal am Neujahrstag die Philharmoniker durch den Vormittag geführt. Insgesamt dirigierte der 79-Jährige das Orchester bereits in über 500 Konzerten.

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