General getötet
Nahost-Experte: „Kriegsgefahr unendlich gestiegen“
„Die Kriegsgefahr ist unendlich gestiegen“, sagt der Berliner Politologe und Nahost-Experte Hajo Funke nach der gezielten Tötung des iranischen Generals Kassem Soleimani durch die USA in der Nacht auf Freitag. Die Gesamtsituation sei dramatisch - und es liege an den nächsten Tagen und Monaten, um einen Krieg im Nahen Osten, der nicht kontrollierbar sei, zu vermeiden, warnt Funke. Vergeltungsschläge zahlreicher schiitischer Milizen, die vom Iran unterstützt werden, werden nun befürchtet. Die USA haben mittlerweile Tausende zusätzliche Soldaten in den Nahen Osten entsandt. Ein Vertreter des US-Verteidigungsministeriums sagte am Freitag, es würden rund 3000 Soldaten in die Region geschickt.
Dies sei eine Vorsichtsmaßnahme angesichts einer verstärkten Bedrohung für amerikanische Kräfte in der Region, verlautete aus Washingtoner Regierungskreisen. Die Truppen der 82. Luftlandedivision würden sich den rund 750 Soldaten anschließen, die in den vergangenen Tagen schon nach Kuwait geschickt worden seien, hieß es.
Pentagon: „Akt der Verteidigung“
Soleimani war bei einem von US-Präsident Donald Trump befohlenen Raketenangriff in Bagdad ums Leben gekommen. Der für Auslandseinsätze zuständige iranische General habe aktiv an Plänen gearbeitet, um US-Diplomaten und -Einsatzkräfte zu attackieren, weshalb das amerikanische Militär die Operation ausgeführt habe, hieß es aus dem Pentagon, das von einem „Akt der Verteidigung“ sprach.
Trump: „Wir wollen krieg stoppen, nicht Krieg beginnen“
Trump erklärte, die USA wolle keinen Regimewechsel im Iran herbeiführen. Der US-Angriff sei durchgeführt worden, „um einen Krieg zu stoppen, nicht um einen Krieg zu beginnen“, sagte der US-Präsident am Freitag in seinem Luxusressort Mar-a-Lago im US-Staat Florida in einem kurzen Statement.
Er sei bereit alles zu tun, was nötig sei, um Amerikaner zu schützen, betonte Trump. Der Iran müsse damit aufhören stellvertretende Krieger einzusetzen, um die Nachbarländer zu destabilisieren, forderte der US-Präsident.
„Trump hat die Eskalation provoziert“
Die Führung in Teheran drohte den Vereinigten Staaten dagegen eine „vernichtende Rache“ an. Das könne laut Funke alles Mögliche sein, etwa „weitere Angriffe auf US-Militärstützpunkte im Irak. Es ist auch denkbar, dass Israel in Mitleidenschaft gezogen wird.“ Weil Soleimani, der prominenteste Vertreter und das bekannteste Gesicht des iranischen Militärs im Ausland, einer der wichtigsten Repräsentanten der Revolutionsgarden war, sei eine solche Reaktion keine Überraschung. „Dementsprechend hat Trump die Eskalation mit seiner Entscheidung provoziert“, so Funke.
„Folgen für die Region schwer absehbar“
Indes bemüht sich der deutsche Außenminister Heiko Maas mit Kontakten nach Teheran und Washington um eine Deeskalation der Lage. „Die US-Militäroperation folgte auf eine Reihe gefährlicher Provokationen Irans. Es ist durch die US-Aktion aber nicht einfacher geworden, Spannungen abzubauen. Die Folgen für die Region sind schwer absehbar“, sagte er. Das habe er auch seinem US-Amtskollegen Mike Pompeo in einem Telefonat „deutlich gesagt“.
Jetzt gehe es darum, zu verhindern, dass eine weitere Eskalation die ganze Region in Brand setze, so Maas. „Dazu nutzen wir unsere diplomatischen Kanäle auch zu Iran und den Staaten der Region.“ Außerdem berate er „mit den britischen und französischen Partnern und den anderen Europäern, wie wir gemeinsam am besten auf eine Beruhigung der Lage hinwirken können“.
„Stange Dynamit in Pulverfass geworfen“
Nach Meinung des früheren US-Vizepräsidenten Joe Biden stehen die USA nach dem Angriff auf Soleimani möglicherweise „am Rande eines größeren Konflikts im Nahen Osten“. Präsident Trump habe „eine Stange Dynamit in ein Pulverfass geworfen“, so der Präsidentschaftskandidat der Demokraten.
Angriff ging Sturm auf US-Botschaft voraus
Der Zwist zwischen den USA und dem Iran eskalierte Schritt für Schritt: Auslöser war der Angriff der vom Iran gesteuerten Hisbollah-Miliz auf einen US-Stützpunkt im Irak, bei dem ein Zivilist ums Leben kam. Bei Vergeltungsangriffen der US-Luftwaffe starben 25 Hisbollah-Kämpfer. Als Antwort darauf versuchten Teheran-treue Iraker, zwei Tage lang die US-Botschaft in Bagdad zu stürmen - woraufhin Trump schließlich General Soleimani töten ließ.
USA rufen ihre Bürger aus dem Irak zurück
Die Regierung in Washington rief ihre Bürger im Irak am Freitag dazu auf, den Krisenstaat „sofort“ zu verlassen. Auch Israel - ein Erzfeind des Iran - befindet sich nach der Tötung von Soleimani in erhöhter Alarmbereitschaft. Weltweit wächst nun die Furcht vor einer Eskalation der militärischen Gewalt in Nahost.
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