Die geplante Sicherungshaft, also eine Art präventive Maßnahme zum „Schutz der Allgemeinheit“ vor Personen, die die öffentliche Sicherheit gefährden, sorgt für heftige Debatten. „Rechtlich ist diese Maßnahme höchst problematisch“, sagt etwa Verfassungsrechtsexperte Bernd Christian Funk.
Er stellt damit auch das Argument der Regierung und anderen Befürwortern, wonach eine Sicherungshaft in zahlreichen europäischen Ländern wie in den Niederlanden praktiziert werde und rechtskonform sei, infrage. „Das österreichische Bundesverfassungsgesetz sieht diese Form definitiv nicht vor. Sie wäre verfassungswidrig.“
Zweidrittelmehrheit mit FPÖ möglich
Nach der Menschenrechtskonvention könne man eine Sicherungshaft argumentieren, doch in Österreich gehe das Bundesverfassungsgesetz vor, da es günstigere Optionen biete. Funk: „Es bräuchte für eine verfassungsrechtliche Änderung eine Zweidrittelmehrheit im Parlament.“ Diese ließe sich jedoch recht leicht erzielen: mit der Unterstützung der FPÖ, die sich diesbezüglich nicht abgeneigt zeigt.
Dies sei nicht weiter verwunderlich, sagt Funk, da es sich um ein Anliegen der Blauen (Ex-Innenminister Herbert Kickl) gehandelt habe. „Indes ist es schon erstaunlich, welchen Schwenk die Grünen bei diesem Thema vollzogen haben“, zeigt sich der Verfassungsexperte überrascht. Tatsächlich sprach Kogler noch vor einem Jahr über eine türkis-blaue Forderung einer „Präventivhaft“ von einem „primitiv-populistischen Kalkül“, die grüne Bundesrätin Ewa Ernst-Dziedzic sagte dazu gar: „Eine Verwahrungshaft wäre das Ende der Menschenrechte in Österreich. Jemanden präventiv einzusperren, und noch dazu ohne gerichtliche Anordnung, ist eine Überschreitung jeglicher Grenze des Rechtsstaates.“
Anwälte sehen „reine Willkür“
Auch namhafte Anwälte wie Astrid Wagner oder Florian Höllwarth üben heftige Kritik. Sie bringen ein weiteres Argument: „Wer entscheidet, wer eine Gefahr darstellt? Und ab wann ist man eine Gefahr? Das ist reine Willkür.“ Überdies: „Selbst wenn man eine Sicherungshaft einführt - zu der man politisch stehen, kann wie man will -, so muss es wie bei der U-Haft einen Anwaltszwang geben. Dies umso mehr, als es sich bei den Betroffenen meist um Asylwerber handelt, die sich keinen Anwalt leisten können. Doch davon ist bis jetzt keine Rede.“
Kritik kommt auch von den NEOS. Beate Meinl-Reisinger in Richtung Kogler und Co.: „Das ist eine Bankrotterklärung der Grünen, die eine Form der Freiheitsberaubung unterstützen. Mit uns hätte es eine solche Regelung sicher nicht gegeben.“ Verfassungsexperte Funk fragt unabhängig von rechtlichen Problemen, politischen Kalkülen und Kompromissen generell nach der Sinnhaftigkeit einer Sicherungshaft. „Ich denke es wäre sinnvoller, auf bessere polizeiliche Überwachungen zu vertrauen“, lautet das Urteil.
Georg Bürstmayr, Grüner Mitverhandler ist um Beruhigung bemüht: „Wir haben nicht vereinbart, dass wir die Bundesverfassung ändern“, sagte er in den „Oberösterreichischen Nachrichten“.
Erich Vogl, Kronen Zeitung/krone.at
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