„Feindselige Haltung“

Kopftuchverbot: Muslime von Türkis-Grün enttäuscht

Österreich
03.01.2020 20:27

Die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) ist enttäuscht vom Regierungsprogramm der türkis-grünen Koalition. Man hätte sich von der Regierungsbeteiligung der Grünen einen menschenrechtlichen Kurs und die Verteidigung der Gleichbehandlung erwartet. Stattdessen ziehe sich eine „feindselige Haltung“ gegenüber Muslimen als roter Faden durch das Programm, so IGGÖ-Präsident Ümit Vural. Mit der geplanten Ausweitung des Kopftuchverbots bis 14 Jahren etwa werde ihm zufolge „Politik auf dem Kopf der Mädchen und Frauen“ gemacht.

Das Kopftuch. Ein rotes Tuch für viele. Ein Kopftuchverbot trägt nicht wirklich zur Deeskalation bei. Die Einigung der Neo-Koalitionäre für ein solches Verbot für unter 14-jährige Mädchen in Schulen findet auch in der muslimischen Community Widerhall.

„Antidiskriminierungspolitik der Grünen findet sich nicht wieder“
Ümit Vural, Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) zeigt sich enttäuscht. „Es ist bedauerlich, dass die gewohnte Antidiskriminierungspolitik der Grünen sich im Regierungspakt mit der ÖVP nicht wiederfindet und somit die Chance auf eine Veränderung des gesellschaftlichen Klimas in Österreich nicht wahrgenommen wurde.“

Der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Ümit Vural (Bild: APA/HERBERT PFARRHOFER)
Der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Ümit Vural

Die feindselige Haltung den Musliminnen und Muslimen gegenüber ziehe sich wie ein roter Faden durch das Regierungsprogramm. Sie stelle einen fließenden Übergang zur populistisch-rassistischen Haltung der ehemaligen ÖVP-FPÖ-Regierung dar. Im Regierungsprogramm würden praktizierende Muslime mit Extremisten gleichgesetzt.

„Türkis-blaues Programm übernommen“
Farid Hafez, Politikwissenschafter an der Uni Salzburg sowie Herausgeber des Jahrbuchs für Islamophobieforschung, sieht es ähnlich, jedoch auch differenzierter: „Es wurde da quasi ein türkis-blaues Programm übernommen.“ Viele Muslime, glaubt er, hätten die Grünen gewählt, da sie eine eindeutig antirassistische Partei seien. „Da gibt es schon eine gewisse Entrüstung unter diesen Menschen.“

(Bild: APA/dpa/Frank Rumpenhorst)

Hafez selbst zeigt sich nicht überrascht. Er habe diese Entwicklung schon geahnt im Zuge der Verhandlungen. „Immerhin ist man nicht so weit wie Türkis-Blau gegangen, Kopftücher auch an höheren Schulen und Unis und in öffentlichen Ämtern verbieten zu wollen. Sollten die Türkisen dieses jetzt geplante Verbot ausweiten wollen, dann hoffe ich, dass die Grünen sagen, bis hierher aber nicht weiter. Ich konnte Grünen-Chef Werner Kogler bei der Präsentation des Programms ansehen, dass er mit diesem Kopftuchverbot keine wirkliche Freude hatte.“

Kogler: „Bestimmte Gruppen nicht an den Rand drängen“
Kogler selbst rechtfertigte seine Zustimmung zu diesem Kopftuchverbot damit, dass die Grünen nicht wollen, dass „bestimmte Gruppen an den Rand gedrängt werden.“

Wiens Grünen-Chefin Birgit Hebein gesteht: „Natürlich sind einige Teile schmerzhaft. Aber man darf nicht vergessen: Dass es Kompromisse geben würde, war von vornherein klar.“ Dinge wie die Sicherungshaft oder das Kopftuchverbot für Schülerinnen bis 14 seien der ÖVP offensichtlich wichtig gewesen.

Erich Vogl, Kronen Zeitung

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