Sebastian Kurz ist wieder Bundeskanzler der Republik und hat auch bei den Verhandlungen mit den Grünen seinen „Mitte-rechts-Kurs“ durchsetzen können, was er auch im großen krone.tv-Interview mit Moderatorin Katia Wagner am Mittwoch mehrmals betonte. Eine harte Linie in der Migrations- und Sicherheitspolitik, ein starker Wirtschaftsstandort Österreich zusammen mit Ökologisierungsmaßnahmen, aber auch Regeln für mehr Transparenz - und das alles „mit Hausverstand“, umreißt der „Wieder-Kanzler“ im „Krone“-Studio sein Konzept für die Zukunft des Landes. Und er geht mit Seenotrettern hart ins Gericht.
„Jeder weiß, dass ich nie bereit gewesen wäre, meinen harten Kurs in der Migration zu ändern“, so die Antwort von Kurz auf die Frage, ob die Grünen bei den Verhandlungen denn schlechter abgeschnitten hätten als die ÖVP. Die deutliche türkise Handschrift erklärt Kurz im Gespräch mit Katia Wagner so: „Wir sind einfach zwei unterschiedlich große Parteien. Die Grünen hatten bei der Wahl 14 Prozent, wir als Volkspartei hatten 37,5 Prozent. Da ist es, denke ich, ganz natürlich, dass wir uns da und dort stärker wiederfinden.“
Das große Thema für Kurz bleibt also nach der Wahl klar die Migrations- und Sicherheitspolitik. Flüchtlinge in Seenot will er, entgegen heftiger Kritik deutscher Seenotretter, weiterhin in die Herkunftsländer zurückbringen lassen, um „der Schlepperei und dem Sterben im Mittelmeer ein Ende zu setzen“. Vor allem eine konsequente Linie der Europäischen Union würde dabei helfen, meint der ÖVP-Politiker.
Seitdem die EU konsequenter geworden ist in der Migrationspolitik, sterben weniger Menschen im Mittelmeer.
Sebastian Kurz, Bundeskanzler (ÖVP)
„Das sind Leute, die angeblich Menschen helfen wollen“
Die Kritik der Seenotretter beeindruckt Kurz offenbar keineswegs, auch wenn eine der deutschen NGOs ihn in einem Tweet gar als „Baby-Hitler“ bezeichnet hatte: „Das sind Leute, die angeblich Menschen helfen wollen und selber gern inszenieren, wie gut sie sind. Und dann arbeiten sie ständig damit, andere zu diskreditieren.“
„Kein Mädchen darf zu Kopftuch gezwungen werden“
Auch was die Integrationspolitik innerhalb Österreichs betrifft, will Kurz keine weiteren Flüchtlinge aufnehmen. An einer europäischen Quotenregelung für die Verteilung von Flüchtlingen wird sich Österreich unter seiner Führung nicht beteiligen, die Sicherungshaft als zusätzliches Instrument in der Sicherheitspolitik begrüßt er. Und ein Kopftuchverbot für Mädchen unter 14 Jahren wird auf jeden Fall kommen: „Wir wollen sicherstellen, dass junge Mädchen bis zur Religionsmündigkeit nicht gezwungen werden, ein Kopftuch zu tragen.“
„Wichtige Themenfelder klar aufteilen“
Den Grünen habe man stattdessen einen großen Spielraum für Maßnahmen zur Ökologisierung und mehr Transparenz gegeben, so der Bundeskanzler, dem es bei den Verhandlungen wichtig war, dass bei den verschiedenen Themenfeldern „entweder die eine oder die andere Partei klar die Führerschaft übernimmt“. Wie er und seine Regierung konkret entscheidende Maßnahmen gegen den Klimawandel finanzieren wollen, lässt Kurz offen. Stattdessen verspricht er weiterhin, keine neuen Schulden zu machen und Kleinverdiener und Pensionisten durch Senkung der Lohn- und Einkommenssteuer zu entlasten.
Wenn wir sparsam mit Steuergeld umgehen und unseren Wirtschaftsstandort stärken, werden wir ökologische Maßnahmen umsetzen können.
Sebastian Kurz, Bundeskanzler (ÖVP)
Parallel dazu soll es erste „Ökologisierungsschritte“ geben: „Neben der Ökologisierung der Pendlerpauschale, der NoVA und der Flugticketabgabe sollen sinnvolle Gebäudesanierungen positiv zum Energiehaushalt beitragen.“ Die ökosoziale Steuerreform, die ab dem Jahr 2022 geplant sei, brauche laut Kurz ihre Zeit: „Wir müssen uns hier genau anschauen, was in den anderen Ländern funktioniert hat und was nicht.“
„Nicht jede neue Besetzung ist Postenschacher“
In Sachen Transparenz will Kurz nicht versprechen, dass so etwas wie „Ibiza“ durch neue Regelungen verhindert werden kann, da es immer „strafrechtliche Verfehlungen geben kann“. Was Postenschacher betrifft, betont er, müsse man darauf achten, „Postenschacher“ und „nötige Personalentscheidungen“ zu unterscheiden: „Es ist in gewissen Schlüsselpositionen auch wichtig, Personen auszuwählen, die man kennt und wo man weiß, wie diese sich in Krisensituationen verhalten.“
Dass er nach wie vor mit der FPÖ inhaltlich viele Meinungen teilt und auch in den vergangenen Jahren gut mit den Freiheitlichen zusammengearbeitet hat, leugnet Kurz nicht, zeigt sich aber mit der jetzigen Situation zufrieden: „Ich glaube, es ist gut so, wie es jetzt ist. Ich blicke optimistisch in die Zukunft und freue mich, die Arbeit fortführen zu dürfen.“
Analyse: „Kurz ist jetzt ein anderer als bei Türkis-Blau“
Was ist neu an Kurz in der neuen Koalition? Diese Frage beantworten in der großen Analyse der geschäftsführende „Krone“-Chefredakteur Klaus Herrmann und die Politikwissenschaftlerin Karin Praprotnik von der Donau-Universität Krems - hier geht‘s zum Video.
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