Frank Sinatra war der wohl größte Entertainer der US-Geschichte. Rund 60 Jahre dauerte seine famose und einzigartige Karriere an. Mit „That‘s Life - Das Sinatra-Musical“ wird der Kultfigur nun fast drei Stunden lang auf den Bühnen im deutschsprachigen Raum gehuldigt. Ab Februar auch quer durch ganz Österreich. Wir waren bei der Weltpremiere in Berlin mit dabei.
Falco, Michael Jackson, Queen und jetzt Frank Sinatra. Die Nachlassverwaltung großer Entertainer und Popstars auf der Musicalbühne funktioniert schon seit Jahren einwandfrei. Auch wenn die jeweiligen Programme durchaus diversen Qualitätsunterschieden unterliegen, strömen die Fans scharenweise in diverse Hallen im deutschsprachigen Raum, um ihre (meist) verstorbenen Helden noch einmal wiederaufleben zu lassen. Am Mittwoch feierte „That’s Life - Das Sinatra-Musical“ im Theater am Potsdamer Platz in Berlin seine Weltpremiere. Der Dandy aus New Jersey war gewiss eine der größten, wenn nicht sogar die größte Entertainer-Legende aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten und begeisterte sein Publikum mehr als 60 Jahre lang in unterschiedlichsten Facetten. Ob als Sänger, Tänzer, Schauspieler, selbsternannter politischer Königsmacher für John F. Kennedy oder Frauenheld mit zweifelhaftem Ruf - eine Kultfigur wie Frank Sinatra ist geradezu prädestiniert für ein opulentes Showvergnügen.
Umfassendes Porträt
In „That’s Life“ konzentriert sich Autor und Regisseur Stefan Warmuth bewusst nicht nur auf die schillernden Facetten des unsterblichen Unterhalters, sondern blickt auch tief in die Gräben, die in Sinatras unsteter Karriere immer wieder aufgerissen wurden. „Mir war wichtig, ihn möglichst umfassend darzustellen“, erklärt Warmuth der „Krone“ im Interview, „den Star Sinatra kennt man, aber mich interessiert der Mensch. Nicht allen ist bekannt, dass er ein extremer Choleriker war, der teilweise wirklich wild ausrasten konnte.“ Sinatra als schillernde Figur in all seinen Facetten abzubilden, ist die wichtigste Prämisse der Musical-Umsetzung. Die Show beginnt im Juni 1971 in Los Angeles, als Frank Sinatra seinen Abschied von der Bühne bekanntgibt und dabei „Come Fly With Me“ intoniert. Wirklich aufgehört hat er freilich erst 20 Jahre später, doch davon ausgehend wird seine einzigartige Lebensgeschichte in Rückblenden erzählt.
Sinatra wird in einer Doppelrolle dargestellt. Den jungen Frank mimt Janko Danailow, der alte Frank wird vom Schotten Tam Ward personifiziert, der in der weltweit erfolgreichen Londoner West-End-Show „The Rat Pack Live From Las Vegas“ schon jahrelange Sinatra-Erfahrung mitbringt. „Es war anfangs wirklich schwierig Sinatra darzustellen“, erzählt er, „denn obwohl ich immer versuche, so gut wie möglich in die gleiche Richtung zu gehen, musste ich mich anfangs erst von Tam Ward lösen, um Frank zu werden.“ Das gelingt ihm gar ausgezeichnet, denn mit seinem Bariton kommt er dem großen Superstar unheimlich nahe und versprüht in der Show das magische Flair, gerade aktiv in Las Vegas anwesend zu sein. Gegen die kraftvolle Stimme Wards wirkt Danailow leider schwachbrüstig. Ihm fehlt das nötige Charisma für den jungen Sinatra und der Gesang ist zwar technisch gut, qualitativ aber meilenweit vom originalen „Ol‘ Blue Eye“ entfernt.
Sexistische Ausuferungen
Die Geschichte wird in Rückblenden erzählt und versteift sich immer wieder auf harschen Sexismus. So versucht er in seiner Zeit als Kellner bei einer Kollegin „den Vogel ins warme Nest zu stecken“, haut seiner ersten Ehefrau Nancy auf den Po und bietet sie Harry James, seinem ersten Bandleader, als Tourhilfe für „kochen, waschen und putzen“ an. Obwohl diese rüden Anspielungen dem damaligen Zeitgeist entsprachen ist dennoch fraglich, ob man die zahlreichen sexistischen und rassistischen („Negerkuss“ in einer Szene mit Sammy Davis jr.) Details derart prominent in den Vordergrund rücken musste. Nancy Sinatra und seine spätere große Liebe Ava Gardner werden gleichermaßen von Katia Bischoff verkörpert. „Ich habe mich für nur eine Darstellerin entschieden, weil sie für mich quasi gleiche Personen sind, die irgendwann einmal in eine jeweils andere Richtung abgebogen sind“, so Regisseur Warmuth. Bischoff spielt Nancy bieder und sympathisch, Ava hingegen lasziv und fordernd. Ein durchaus gelungener Ritt zwischen den Welten.
Rastlos hetzt das Musical durch die verschiedenen Kapitel in Sinatras Leben. Gardner treibt das gemeinsame Kind ab, Sinatra geht nach Hollywood und scheitert dort an seiner öffentlichen Unbeherrschtheit, plötzlich gibt es einen Oscar für die „Beste Nebenrolle“ in „Verdammt in alle Ewigkeit“. Dazwischen hagelt es mehr oder weniger geistreiche Dialoge, gut choreografierte Tanzeinlagen und natürlich unzählige Songs aus den unterschiedlichsten Schaffensphasen des Künstlers. 90 Minuten soll der viel zu lange erste Teil bis zur Pause dauern, denn weniger wäre mehr gewesen. Eine halbe Stunde der Lebensgeschichte verknappen, dafür aber mehr Fokus auf entscheidende Ereignisse zu legen, hätte den Spannungsbogen hochgehalten.
Die gute Hälfte
Wenn Tam Ward in Hälfte zwei die Hauptrolle übernimmt, steigert sich auch die Qualität der Show. Der Fokus wird auf das legendäre Sands Hotel in Las Vegas gelenkt, wo das kultige „Rat Pack“ mit Sinatra, einem von Randy Diamond großartig verkörperten Dean Martin und einem etwas zu quierlig dargestellten Sammy Davis jr. für Entertainmentgeschichte sorgte. Von dort hüpft die Handlung über den Alkoholismus, mafiöse Verstrickungen und Sinatras Einsatz für John F. Kennedy langsam dem Ende entgegen. Natürlich nicht ohne die die skandalisierte Hochzeit mit der damals 19-jährigen Mia Farrow in den Mittelpunkt zu stellen, als Sinatra bereits 51 war. Am Ende gewinnt das Musical durch die großen Hits und Wards imposante Stimmkraft aber an Kraft und schließt versöhnlich ab.
Besonders gelungen ist das mit Videozuspielungen verstärkte Bühnensetting, das für eine Tourproduktion sehr detailverliebt ausgestattet ist. Auch das 13-köpfige Orchester weiß mit Streicher- und Bläsereinsetzen zu überzeugen und gibt den fulminanten Sinatra-Songs das nötige Fundament. In etwas mehr als zweieinhalbstunden Nettozeit bekommt man dafür einen rasanten Abriss über so gut wie alle Aufs und Abs, die Frank Sinatras einzigartiges Leben geprägt haben. „That’s Life - Das Sinatra-Musical“ ist ein kurzweiliges, manchmal aber gehetztes Vergnügen, das vornehmlich durch Wards brillante Stimme und dem wundervollen Bühnenbild zu überzeugen weiß. Schwächen in der Besetzung und bei Dialogen sind aber nicht wegzuleugnen. Diverse Kinderkrankheiten werden mit Fortdauer der Show sicher noch ausgemerzt, Weltpremieren gingen nur selten reibungslos über die Bühne.
Live in Österreich
Die Österreich-Termine sind folgende: 27. Februar Großes Festspielhaus in Salzburg, 28. Februar und 13. April Brucknerhaus Linz, 29. Februar (zwei Shows!) und 14. April Wiener Stadthalle F, 1. März Innsbrucker Congress, 24. März Bregenzer Congress- und Festspielhaus, 10. April Grazer Stadthalle. Alle weiteren Infos und Karten gibt es unter www.oeticket.com.
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