Schauspielhaus Graz:

„Heldenplatz“ ohne Pfeffer

Steiermark
11.01.2020 14:27

32 Jahre nachdem es einen der größten Theaterskandale der Nachkriegszeit ausgelöst hat, ist Thomas Bernhards Stück „Heldenplatz“ jetzt erstmals in Graz zu sehen. In der Regie des jungen Franz-Xaver Mayer verliert diese Abrechnung mit den dunklen Seiten der österreichischen Seele aber viel von ihrer Schärfe.

Bernhard zeichnete die Welt in „Heldenplatz“ als „hässlich, durch und durch stumpfsinnig“. Er zeigte, 50 Jahre nach dem Anschluss, Österreich als ein Land, in dem man katholisch oder nationalsozialistisch sein musste, „alles andere wird nicht geduldet“. Doch nicht nur die Ewig-Gestrigen hatte er im Visier, er analysierte auch prophetisch das Scheitern des Sozialismus. Und spielte gekonnt mit Neurosen, die (nicht nur) innerhalb der vertriebenen und zurückgekehrten Familien blühten.

Blühende Neurosen
Gerade Letzteres scheint Mayer zu interessieren, das ist auch der spannende Teil des Abends. Verletzungen, enttäuschte Erwartungen, nicht gelebte Hoffnungen, all das arbeitet er in Korbinian Schmidts schwarz-weißer Bühne fein heraus. Dass er aber das scharf formulierte Politische einen Chor skandieren lässt, nimmt diesem die Schärfe. Und dass er in der Person des Prof. Landauer (Sarah Sophia Meyer), der sich immer wieder mit Tipps zu Sekundärliteratur ans Publikum wendet, so dezidiert, mitunter belehrend auf 1988 und die damalige Politik verweist, schmälert die erschreckende heutige Gültigkeit vieler Sätze.

Florian Köhler als Frau Zittel: eine Glanzleistung (Bild: Karelly/Lamprecht)
Florian Köhler als Frau Zittel: eine Glanzleistung

Vertauschte Rollen
Wieder werden die Geschlechter vertauscht, was dem Stück jedoch keine zusätzliche Farbe gibt - auch wenn Florian Köhler als Haushälterin Frau Zittel in perfekter Maske (Kostüme: Michela Flück) nicht nur sprechtechnisch eine Glanzleistung abliefert. Viel schwerer tut sich da Julia Franz Richter als grantelnder alter Professor Robert, der Bruder des freiwillig aus dem Leben Geschiedenen. Nur selten erreicht ihre Klage Bernhard’sche Intensität. Evamaria Salcher als herrische Tochter Anna und Oliver Chomik als ihre schweigsame Schwester Olga liefern ebenso gediegene Leistungen wie Fredrik Jan Hofmann als Sohn, Franz Solar als Prof. Liebig und Raphael Muff als Hausmädchen. Kurz und souverän der Auftritt von Julia Gräfner als Witwe. Gegen Ende geht der lind gewürzten Produktion die Luft aus. Eine ordentliche Prise Pfeffer hätte nicht geschadet.

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