Lob für Kreml-Chef
Merkel in Moskau bei „Kuscheltreffen“ mit Putin
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und Russlands Präsident Wladimir Putin haben sich am Samstag in Moskau zu einem Arbeitsgespräch getroffen. Zu besprechen gab es zu Jahresbeginn recht viel, wie die beiden Staatschefs bei einer rund 30 Minuten langen Pressekonferenz klarmachten. Fazit der „Bild“-Zeitung über Merkels ersten Besuch im Kreml seit 2015: ein regelrechtes „Kuscheltreffen“, bei dem Putin nur lobende Worte von der Kanzlerin zu hören bekam. Eisig habe die deutsche Kanzlerin hingegen gewirkt, als sie auf US-Präsident Donald Trump zu sprechen kam.
Rund dreieinhalb Stunden unterhielten sich Merkel und Putin am Samstag in Moskau - unter vier Augen, denn entgegen der Gepflogenheiten habe die Kanzlerin keinen Dolmetscher dabei gehabt, wie die „Bild“-Zeitung schrieb. Bei der Pressekonferenz im Anschluss an das Gespräch habe die Kanzlerin dann auffällig freundliche Worte für den russischen Präsidenten gefunden.
Während Putin „nur“ Lob von Merkel zu hören bekam, klang es deutlich kühler, als Merkel auf die USA zu sprechen kam. Washington sei bei ihr nur noch „ein Verbündeter“, von transatlantischer Partnerschaft keine Rede mehr, analysierte die „Bild“ das Treffen der beiden Staatschefs. Dafür habe Merkel laut über eine engere Zusammenarbeit zwischen Brüssel, Berlin und Moskau nachgedacht. „Wir gucken uns unsere Interessen an“, so die deutsche Kanzlerin.
Merkel und Putin zeigten sich optimistisch, dass die umstrittene Nord-Stream-2-Gaspipeline trotz der US-Sanktionen zu Ende gebaut wird. Merkel kritisierte die US-Sanktionen gegen den Bau der Pipeline, die zusätzliches russisches Gas über die Ostsee nach Deutschland und Westeuropa bringen soll. Die US-Maßnahmen würden nur zu einer Verzögerung bis Ende des Jahres oder Anfang 2021 führen, ergänzte Putin optimistisch. Auch die EU-Gesetzgebung habe das Projekt legitimiert, sagte sie. Es handle sich trotz aller politischen Implikationen vor allem um ein wirtschaftliches Vorhaben, betonte sie. „Deshalb halten wir das Projekt für richtig.“
Merkel und Putin verteidigen Iran-Abkommen
Sowohl Putin als auch die deutsche Kanzlerin stellten sich am Samstag nach ihrem Treffen auch hinter die Vereinbarungen des Atomabkommens mit dem Iran. Er hoffe, dass die Europäer bald das neue Finanzinstrument aktivierten, mit dem Firmen trotz der US-Sanktionen Handel mit Iran treiben könnten, sagte Putin. „Wir sind uns einig, dass wir alles daransetzen sollten, das Abkommen des JCPOA zu erhalten“, betonte Merkel. „Deutschlands Überzeugung ist, dass Iran keine Atomwaffen bekommen und auch nicht haben sollte.“
Das internationale Atomabkommen, dass Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland, die USA und China 2015 in Wien mit dem Iran geschlossen hatten, solle deshalb trotz des amerikanischen Rückzugs am Leben erhalten werden. Es sei nicht vollkommen, aber besser als gar kein Abkommen, sagte Merkel mit Blick auf die Position von US-Präsident Donald Trump. Die USA hatten 2018 das Abkommen aufgekündigt und neue Sanktionen gegen den Iran beschlossen. Trump will, dass sich auch die Europäer daraus zurückzuziehen.
Merkel will weiteren Hilfskorridor für Nordostsyrien
Merkel appellierte am Samstag auch an die Kriegsparteien in Syrien, einen weiteren Korridor für humanitäre Hilfe im Nordosten des Landes zuzulassen. Sie freue sich, dass es gelungen sei, zumindest zwei humanitäre Übergänge in Richtung Idlib offen zu halten", sagte sie nach dem Treffen mit Putin in Moskau.
Sie spielte damit auf eine Entscheidung des UNO-Sicherheitsrates an, dass Millionen syrische Zivilisten weiter über zwei Grenzübergangspunkte aus der Türkei versorgt werden können. Russland hatte mit einem angedrohten Veto aber die Zahl der Übergänge auf zwei begrenzt und Hilfe über Jordanien und Irak verhindert. Merkel sagte, sie setze sich weiter dafür ein, dass es noch einen weiteren Übergang Richtung Nordosten Syriens gebe. Deutschland ist derzeit Mitglied im UNO-Sicherheitsrat.
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