Lob aus Brüssel

Österreich soll „Modell“ für Europa werden

Politik
12.01.2020 15:52

Sebastian Kurz hat am Sonntag seine erste Auslandsreise als Chef der türkis-grünen Bundesregierung absolviert, um in Brüssel Gespräche mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Brexit-Chefverhandler Michel Barnier zu führen. Dabei betonte der Bundeskanzler: „Österreich muss als kleines, aber proeuropäisches Land aktiv seine Interessen vertreten, um mitzugestalten“, als „Land im Herzen der EU“ müsse man als „Vermittler eine Brückenfunktion einnehmen“, denn auch 30 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs seien noch Gräben zwischen Ost und West zu überwinden. Lob für Österreich gab es von der Kommissionspräsidentin, die hofft, dass das „österreichische Modell“ in der EU „Schule macht“. Von der Leyen nannte neben der „ausbalancierten“ Besetzung von Männern und Frauen insbesondere die Bereiche Klimaschutz und Migrationspolitik.

Die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der EU, eine konsequente Linie bei der Migrationspolitik und beim Kampf gegen den Klimawandel: Das waren die Schwerpunkte, die Kurz bei seinem Antrittsbesuch als Kanzler der türkis-grünen Regierung in Brüssel betonte. Auch von der Leyen attestierte Österreich eine hohe Glaubwürdigkeit in Fragen wie Migrations- und Klimapolitik, auch bei den östlichen EU-Partnerländern.

Sebastian Kurz und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (Bild: APA/ROLAND SCHLAGER)
Sebastian Kurz und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen

Gratulation für Regierungsprogramm mit den Grünen
Die frühere deutsche CDU-Ministerin gratulierte dem ÖVP-Chef zu seinem Regierungsprogramm mit den Grünen und lobte die darin fixierten Schwerpunkte. 
Kurz unterstrich seinen Ansatz, dass der Außengrenzschutz entscheidend dafür sei, dass es innerhalb der EU künftig weiterhin offene Grenzen geben könne. Daher müsse die illegale Migration möglichst konsequent bekämpft werden. Er hoffe, dass auch die EU diesbezüglich handeln werde.

Dass Österreich die Klimaneutralität bis 2040 anstrebe, sei „beeindruckend“. Der Kampf gegen den Klimawandel könne auch eine neue Wachstumsstrategie sein, ein Anlass, in „Innovation und saubere Technologie“ zu investieren. Der Kanzler nannte die Klimapolitik als wichtigen Schwerpunkt. Wörtlich sprach er mehrmals vom „Umgang mit unserer Schöpfung“. Zum Erreichen des Ziels der Klimaneutralität sei es begrüßenswert, dass auch die EU den in Österreich bereits beschlossenen Ausstieg aus der Energiegewinnung durch Kohlekraftwerke vorantreiben wolle. Es dürfe aber nicht im Gegenzug die Atomenergie forciert werden, warnte Kurz. „Das ist nicht nachhaltig.“

Sebastian Kurz und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (Bild: APA/ROLAND SCHLAGER)
Sebastian Kurz und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen

Dass mit von der Leyen eine neue Periode der Kommission begonnen habe, sei eine große Chance, so Kurz am Sonntag in Brüssel. Jedem Neubeginn wohne auch „ein Zauber“ inne. Seit seinem allerersten Besuch als Kanzler in Brüssel im Dezember 2017 habe sich viel verändert, meinte Kurz vor dem Treffen mit der EU-Kommissionspräsidentin. Dabei bezog sich der ÖVP-Chef aber weniger auf den Umstand, dass seine damalige Koalition mit der FPÖ in der EU-Hauptstadt kritisch beäugt worden war. Ende 2017 habe eine „sehr schlechte Stimmung“ in Brüssel geherrscht, erinnerte sich Kurz.

Immer noch Spannungen zwischen Ost und West
„Das war eine Phase, in der alle ratlos dem Votum der Briten gegenüber gestanden sind, es waren die Auswirkungen der falschen Migrationspolitik in vielen Ländern spürbar, es gab Spannungen mit Russland und große Gräben zwischen Ost und West.“ Letztere seien immer noch vorhanden, räumte Kurz ein. Daher werde er auch am kommenden Donnerstag das Treffen der gegenüber Brüssel oft extrem kritischen „Visegrad-Vier“ - Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn - in Prag besuchen. Kurz bekräftigte weiters die Unterstützung für die Beitrittsambitionen der Westbalkanstaaten. Es könne nicht sein, dass etwa ein Land wie Nordmazedonien, das „Großes“ geleistet habe, um sich der EU anzunähern, durch das Veto Frankreichs keine Perspektive mehr sehe.

Sebastian Kurz und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (Bild: APA/ROLAND SCHLAGER)
Sebastian Kurz und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen

Kurz „kein Freund des Brexit, aber wenn, dann geordnet und zeitnah“
Zum Brexit meinte Kurz, es sei „allen Beteiligten“ zu gratulieren, dass sich eine Lösung für den Austritt der Briten aus der Union abzeichne. „Ich bin kein Freund des Brexit, aber wenn er schon stattfindet, dann geordnet und zeitnah.“ Dann gelte es, sich zügig neuen Themen zu widmen. Diesbezüglich sollte sich die EU neu orientieren. Aus seiner Sicht sei es vordringlich, die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu stärken. Nur mit wirtschaftlichem Erfolg könnten Arbeitsplätze gesichert und geschaffen werden. Diese seien wiederum die Grundlage für Steuereinnahmen, aus denen sozialstaatliche Ausgaben finanziert werden könnten.

Klimapolitik als wichtiger Schwerpunkt
Weiters nannte der Kanzler die Klimapolitik als wichtigen Schwerpunkt. Wörtlich sprach er auch vom „Umgang mit unserer Schöpfung“. Zum Erreichen des Ziels der Klimaneutralität sei es begrüßenswert, dass auch die EU den in Österreich bereits beschlossenen Ausstieg aus der Energiegewinnung durch Kohlekraftwerke vorantreiben wolle. Es dürfe aber nicht im Gegenzug die Atomenergie forciert werden, warnte Kurz. „Das ist nicht nachhaltig.“

Bundeskanzler Sebastian Kurz mit EU-Budgetkommissar Johannes Hahn auf dem Weg nach Brüssel (Bild: APA/ROLAND SCHLAGER)
Bundeskanzler Sebastian Kurz mit EU-Budgetkommissar Johannes Hahn auf dem Weg nach Brüssel

Kurz in Begleitung von Hahn
Auf dem Flug von Wien nach Brüssel wurde Kurz übrigens vom EU-Budgetkommissar Johannes Hahn begleitet. Dieser hatte am Samstag im Ö1-„Morgenjournal“ darauf gedrängt, die türkis-grüne Regierung möge für höhere Beitragszahlungen für das EU-Budget sorgen.

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