Weiterer Stresstest
Iran: Lösen Proteste „Infarkt“ des Regimes aus?
Der Iran-Experte Walter Posch schließt einen Zusammenbruch des iranischen Regimes wegen der derzeitigen Protestwelle nicht aus. An eine „Revolution im klassischen Sinn“ glaube er weniger, doch könnten die Gegensätze innerhalb der Machtzentren so groß werden, „dass es in weiterer Folge bis zum Infarkt des Regimes gehen könnte“, sagte Posch am Sonntagabend in den ORF-Nachrichten.
Nach dem späten Bekenntnis des Iran zum Abschuss eines ukrainischen Flugzeugs hat es in Teheran Proteste gegen die iranische Führung gegeben. Am Wochenende gingen in Teheran Tausende Menschen auf die Straße, die Behörden setzten dabei auch Tränengas ein. US-Präsident Donald Trump sicherte den Demonstranten seine Unterstützung zu und warnte Teheran davor, die Proteste mit Gewalt niederzuschlagen.
Für das Regime bedeuteten die Proteste „vor allem einen weiteren Stresstest“, sagte Posch, Experte der Landesverteidigungsakademie in Wien, in der „ZiB 2 am Sonntag“. Es demonstrierten vor allem Angehörige der Mittelklasse mit Kontakten zum Westen, die bisher immer davon ausgegangen sei, dass die Islamische Republik den Bürgern Sicherheit gewährleiste. „Dass die eigenen Leute ein Flugzeug voller Iraner abschießen, ist natürlich völlig inakzeptabel.“
„Ich glaube weniger, dass eine Revolution im klassischen Sinn stattfinden wird“, so Posch. Die Proteste seien dafür nämlich „zu unorganisiert“, während das Regime selbst „zu erfahren“ im Umgang mit Untergrundbewegungen sei.
Einzige Olympia-Medaillengewinnerin aus dem Iran geflüchtet
Für Schlagzeilen mit Blick auf die Situation im Iran sorgte am Wochenende auch die einzige Frau, die eine Olympia-Medaille für den Iran gewonnen hat. Die Taekwondo-Kämpferin Kimia Alisadeh hat das Land verlassen und ihre Flucht mit der politischen Situation in der Islamischen Republik begründet. Sie bezeichnete sich am Sonntag auf Instagram als „eine der Millionen unterdrückter Frauen im Iran“.
Für diplomatische Spannungen sorgte indessen die kurzzeitige Festnahme des britischen Botschafters Rob Macaire in Teheran. Macaire wies Berichte iranischer Nachrichtenagenturen zurück, wonach er sich an den Protesten beteiligt und diese mit provoziert hatte. Er sei zu einer „Veranstaltung gegangen, die als Trauerwache für die Opfer der Tragödie von Flug PS752 angekündigt war“, erklärte er auf Twitter.
Der iranische Vize-Außenminister Abbas Araqchi erklärte, Macaire sei zunächst als „ausländischer Teilnehmer an einer illegalen Versammlung“ festgenommen worden, nach Überprüfung seiner Identität aber wieder freigekommen.
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