2019 befanden sich in Österreich laut zentralem Waffenregister knapp mehr als eine Million Waffen in privatem Besitz. Knapp 5000 Stück gebrauchte Handfeuerwaffen sind im Vorjahr mehr verkauft worden als 2018. Die krone.tv-Reportage über das Bedürfnis, sich zu schützen, das Schießen als Hobby, Vorurteile gegenüber Waffenbesitzern und die befürchteten Verschärfungen im Waffengesetz durch die neue türkis-grüne Regierung.
Als Anlaufstelle in punkto Waffen gilt die Interessengemeinschaft liberales Waffenrecht in Österreich (IWÖ). „Verschärfungen führen nicht zu mehr Sicherheit“, erklärt deren Präsident, Prof. Andreas O. Rippel. Der Anwalt spricht von einem „politischen Wollen zu Verschärfungen“, welche die IWÖ versucht, „abzuschwächen und möglichst gewisse Erleichterungen zu bekommen“. Bewusstseinsbildung steht ganz oben auf seiner Agenda. „Manche von Ihren Kollegen glauben, wir treten dafür ein, dass jedermann eine Kalaschnikow mit sich führen kann, was völlig absurd ist.“
(Bild: Alexander Bischofberger-Mahr)
(Bild: Alexander Bischofberger-Mahr)
„Der Terrorist ist nicht österreichischer Sportschütze“ Von legalen Waffenbesitzern geht für den IWÖ-Präsidenten „null Gefahr“ aus. „Das sind vielmehr Leute, die psychologisch getestet sind, die ihre Fähigkeit mit ihrer Waffe unter Beweis stellen müssen, ständig kontrolliert werden.“ Bei kleinsten Verstößen „wird sofort mit einer Entziehung vorgegangen, mit einem Waffenverbot. Dadurch sind alle vorsichtig.“ Ob ein „Sportschütze jetzt drei, vier oder fünf Faustfeuerwaffen besitzen darf oder nicht“, sei keine Sicherheitsfrage. Auch Terrorgefahr ist für Rippel kein Grund, bestehende Gesetze zu verschärfen, denn: „Der Terrorist ist nicht österreichischer Sportschütze.“
Grafik: APA, Quelle: Branchenradar
(Bild: APA)
„Wieso fängst du zum Schießen an?!“ Tactical Fairies - übersetzt „taktische Feen“ - ist ein Blog mit mehr als 8000 Followern rund um das Thema Waffen, Militär und Schießsport - auch Kurse werden thematisiert. Auf Instagram und mit ihrer eigenen Website wollen Gwendolyn M. und Pamela B. als Frauen eine Männerdomäne „aufmischen“. „Wir haben beide jeweils eine AR15 von Oberland Arms mit .223-Munition und eine Walther PPQ, ich mit vier und sie mit fünf Inch“, führt Pamela, auch Pam genannt, aus. Gwendolyn weiter: „Für die Laien: Das eine ist ein halb automatisches Gewehr und das andere ist eine Faustfeuerwaffe, also Pistole.“ Beide mussten sich für ihr Interesse rechtfertigen. Gwen erinnert sich, als sie mit ihrem Hobby begann, fragten alle: „Wieso fängst du zum Schießen an?!“ - das war für sie Inspiration, den Blog ins Leben zu rufen.
Beide wollen Informationen weitergeben: „Waffen und Schießsport sind für alle da, auch für Frauen.“ Zum Thema Vorverurteilung: „Manche schlagen uns automatisch auf eine Seite, weil wir Waffen haben. Das möchte ich nicht unterstreichen, dass ich politisch auf einer Seite stehe, nur, weil ich eine Waffe habe“, erklärt Pam.
(Bild: Alexander Bischofberger-Mahr)
(Bild: Alexander Bischofberger-Mahr)
„Nicht alle Waffenbesitzer sind Waffennarren oder gar Verbrecher“ Der Bart ist sein Markenzeichen, damit hofft er, bei seinen Kunden in Erinnerung zu bleiben. Andreas Seper ist seit mittlerweile zehn Jahren Waffenhändler. Sein Bauchgefühl sagt ihm, dass Waffen Misstrauen hervorrufen: „Ich traue mich zu sagen, dass zwei Drittel der Österreicher ein Problem mit Waffen haben.“ Wenn eine Diskussion entsteht, könne keiner seine Abneigung „begründen“. Er erzählt von der Jagd, vom Schießsport, vom Schießen als Hobby. Von Außenstehenden wünscht er sich „mehr Nach- oder Einsicht“. Nur wenige, erzählt Seper, würden das Zulegen einer Waffe bereuen. Mit der Flüchtlingskrise 2015 sind die Waffenkäufe explodiert, jedenfalls in seinem Geschäft.
(Bild: Alexander Bischofberger-Mahr)
(Bild: Alexander Bischofberger-Mahr)
Ehepaar nach Vergewaltigung „keine Pazifisten mehr“ 2016 hat Andreas Seper das Fünffache des üblichen Umsatzes erwirtschaftet. „Es gab Engpässe, viele Kunden haben wochenlang auf ihre vorbestellte Glock warten müssen.“ Seper erinnert sich an ein Ehepaar, das er in dieser Zeit betreute. „Sie haben sich dahin gehend erklärt, sie waren ihr Leben lang Pazifisten. Eigentlich lehnen sie Waffen ab, bis die Frau vergewaltigt worden ist. Sie sahen keinen anderen Ausweg mehr.“
Seine größte Rarität? „Ein russischer Nagant-Revolver von 1936 um 599 Euro.“ Der erste „oder einzige gasdichte Revolver“. Die Waffe stammt von einem deutschen Sammler. „Nachdem meine Leidenschaft schon ein bisschen erloschen ist, möchte ich nicht in dieselbe Situation kommen, relativ knapp vor dem schwarzen Tor stehend, und aus diesem Grund seine Waffe verkaufen. Ich mach das rechtzeitig.“
(Bild: Alexander Bischofberger-Mahr)
Kein Vertrauen in Türkis-Grün Politisch befürchtet der Waffenhändler jetzt das Schlimmste. „Es wird restriktiver werden.“ Seine Skepsis begründet er mit der Hacklerregelung. „Da ist die neue Regierung erst wenige Tage im Amt und schon wird die Hacklerregelung geändert und korrumpiert.“ Er glaubt, dasselbe werde auch beim Waffengesetz passieren. „Da kommt nichts Gutes auf uns zu.“
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.