Mischustin bestätigt
Wer ist der neue Mann an der Seite Putins?
In Russland geht es gerade ganz schnell. Bereits einen Tag nachdem Dmitri Medwedew am Mittwoch seinen Rückzug als Ministerpräsident ankündigt hatte, bestätigten die Abgeordneten am Donnerstag im Unterhaus seinen Nachfolger: den bisherigen Leiter der nationalen Steuerbehörde, Michail Mischustin. Er war der Wunschkandidat von Präsident Wladimir Putin. Doch viele fragen sich jetzt: Wer ist der neue Mann an Putins Seite?
Bereits am Donnerstagvormittag traf Mischustin mit Repräsentanten der vier Parteien zusammen, die in der Duma, dem russischen Unterhaus, vertreten sind. Am Nachmittag stimmten die Abgeordneten mit einer überwältigenden Mehrheit für Mischustin als neuen Premier.
Arbeitsplätze schaffen und Löhne anheben
Mischustin betonte in einer Rede an die Parlamentarier, dass es wichtig sei, dass sich das Geschäftsklima im Land verbessere. Menschen, die Geschäfte in Russland machten, sollten sich sicher fühlen. „Ihre Geschäfte sollen sich entwickeln können, neue Arbeitsplätze geschaffen und vor allem die Löhne angehoben werden“, sagte er in der Duma.
Mischustin legte eine Bilderbuchkarriere hin
Der Wirtschaftswissenschaftler ist außerhalb Russlands noch ein gänzlich unbeschriebenes Blatt. Mischustin wurde am 3. März 1966 in Moskau geboren und schloss 1989 sein Werkzeugmaschinenbau-Studium an der Technischen Universität in Moskau ab. 2003 promovierte er zum Doktor der Wirtschaftswissenschaften.
Außerdem ist Mischustin Computerspezialist. Seit 1992 arbeitete er für den Internationalen Computer-Club, eine Nichtregierungsorganisation, die „westliche Informationstechnologie“ nach Russland locken sollte. Schon im Jahr 1996 stieg er zum Vorsitzenden dieser Organisation auf.
1998 wechselte Mischustin zur staatlichen Steuerbehörde und wurde dort stellvertretender Leiter. Von 1999 bis 2004 war er stellvertretender Minister für Steuern und Abgaben. Nach der Auflösung dieses Ministeriums übernahm er die Leitung einer Bundesbehörde für Grundbuchangelegenheiten. Zwischen 2004 und 2008 leitete Mischustin mehrere Behörden, darunter ein Prestigeprojekt Moskaus, bei dem er für die Gründung von Sonderwirtschaftszonen zuständig war.
Nach einer kurzen Zeit in der Privatwirtschaft als Vermögensmanager, kehrte Mischustin 2010 in den Staatsdienst zurück und wurde schließlich Leiter der Bundessteuerbehörde, ein Amt, das er auch derzeit noch ausübt. Dort trieb er in den vergangenen Jahren die Digitalisierung voran.
Laut dem staatlichen Fernsehsender „Russia Today“ rüstete Mischustin die Behörde technisch so stark auf, dass die Belege jeder Transaktion in Russland heute praktisch in Echtzeit dort eingehen. Eine Behauptung, die von der englischen Wirtschaftszeitung „Financial Times“ im Juli des Vorjahres bestätigt wurde, als ein Journalist zu Besuch in Moskau war und Mischustin ihn persönlich von den Möglichkeiten der russischen Steuerverwaltung überzeugte.
Der Systemingenieur Mischustin gilt in Russland als Technokrat. Seine Doktorarbeit schrieb er über das Thema „Der Mechanismus der staatlichen Steuerverwaltung in Russland“. In technokratischen Systemen stehen Wissenschaftler, Ingenieure oder andere technisch fähige Personen an der Spitze des Staates und ersetzen dabei Politiker.
Privat gilt Mischustin als großer Fan des russischen Nationalsports Eishockey und ist auch Vorstandsmitglied im nationalen Verband. Er ist verheiratet und Vater von drei Söhnen.
Putin will Verfassungsreform
Bei seiner jährlichen Rede zur Lage der Nation hatte sich Putin am Mittwoch für eine Verfassungsreform ausgesprochen, die dem Parlament mehr Macht einräumen würde. Medwedew sagte bereits kurz danach, dass dies die Kräfteverhältnisse im Land stark verändern würde und er deswegen seinen Rücktritt als Ministerpräsident erkläre.
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