Streitfragen in der EU

Kurz auf Visegrad-Gipfel: „Gräben zuschütten“

Politik
16.01.2020 20:06

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ist am Donnerstagvormittag in Prag mit den Regierungschefs von Tschechien, Polen, Ungarn und der Slowakei zusammengekommen. Bei dem Visegrad-Gipfel (siehe Video oben) ging es um die großen Streifragen in der EU wie die Zukunft Europas, die Klimapolitik, den nächsten Finanzrahmen 2021-2027 und die Migration. Tschechien ist Österreichs bedeutendster Handelspartner in Osteuropa und drittwichtigster in der EU hinter Deutschland und Italien. Es ist Kurz‘ erster Besuch eines Nachbarlandes seit dem Amtsantritt der türkis-grünen Regierung.

Tschechien ist für österreichische Firmen zudem das viertwichtigste Investitionsziel. Dort sind 1800 österreichische Unternehmen aktiv mit 100.000 Beschäftigen. Österreich erzielte 2018 von tschechischen Touristen 476 Millionen Euro Einnahmen, 320 Millionen netto.

Bundeskanzler Kurz wurde von seinem tschechischen Amtskollegen Babis in dessen Amtssitz empfangen. (Bild: BUNDESKANZLERAMT/ARNO MELICHAREK)
Bundeskanzler Kurz wurde von seinem tschechischen Amtskollegen Babis in dessen Amtssitz empfangen.

Österreich als Brückenbauer
Kurz war gleichzeitig von Tschechiens Premier Andrej Babis zum Gipfeltreffen der Gruppe der vier Visegrad-Staaten (V4) eingeladen. Dieses Zweckbündnis hat sich als harter Interessensblock in der EU zu einem Machtfaktor gemausert. Der Bundeskanzler sieht Österreich dabei als Brückenbauer: „Wir sind fest in Westeuropa verankert, haben aber traditionell gute Kontakte nach Osten wie nach Westen.“

(Bild: BUNDESKANZLERAMT/ARNO MELICHAREK)

Kurz: „Besser in Vielfalt vereint als in Gleichheit getrennt“
Nach Absprache mit der neuen EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen am Sonntag in Brüssel meinte Kurz: „Besser in Vielfalt vereint als in Gleichheit getrennt. 30 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs werden die damaligen Ereignisse gewürdigt, nun ist es aber auch wichtig, die neu entstandenen Gräben zuzuschütten.“ Die V4-Regierungschefs besprachen im Prager Nationalmuseum ihre Streitthemen mit der EU wie Sicherung der Transferleistungen oder die Ablehnung einer Flüchtlingsverteilung.

(Bild: BUNDESKANZLERAMT/ARNO MELICHAREK)

„Keine Kompromissmöglichkeiten“ sieht Kurz allerdings in Fragen der Rechtsstaatlichkeit, Demokratie oder Meinungsfreiheit: „Das sind Standards, die überall in Europa eingehalten werden müssen. Es darf keine Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit in allen EU-Mitgliedsländern geben. Ich hoffe, dass im Dialog auch Lösungen gefunden werden können.“

(Bild: AFP)

Lob für Österreich
„Österreich ist der natürliche Partner der Visegrad-Staaten“, lobte Ungarns Regierungschef Viktor Orban. „Wir sprechen die gleich Sprache und teilen die gleichen Meinungen“, sagte auch der slowakische Premier Peter Pellegrini. Das Format Visegrad plus Österreich werde auch in der Welt sehr positiv wahrgenommen, befand Pellegrini.

Keine Übereinstimmung gab es beim Thema Klimapolitik und Atomkraft. Zwar begrüßten die Regierungschefs der vier Visegrad-Länder und Österreichs den neu geschaffenen EU-Klimafonds, Uneinigkeit gab es aber über den Ausbau der Atomkraft. „Uns ist wichtig, dass mit dem Fonds nicht die Atomkraft finanziert wird“, betonte Kurz.

Ungarns Premier Viktor Orban, Bundeskanzler Sebastian Kurz, der tschechische Regierungschef Andrej Babis, der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki und der slowakische Premier Peter Pellegrini (v.l.) in Prag (Bild: AFP)
Ungarns Premier Viktor Orban, Bundeskanzler Sebastian Kurz, der tschechische Regierungschef Andrej Babis, der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki und der slowakische Premier Peter Pellegrini (v.l.) in Prag

Offene Worte zur Atomfrage
Der Kanzler zur Bilanz des Prag-Besuchs: „In einigen Fragen ziehen wir an einem Strang, etwa beim Kampf gegen illegale Migration oder dem Einsatz für die EU-Beitrittsperspektive für Westbalkanstaaten (also Albanien, Nordmazedonien). Zugleich soll man unter Freunden auch das offene Wort nicht scheuen: Wir lehnen die Atomkraft ab als nicht saubere und nicht nachhaltige Energiegewinnung. Deswegen sind wir sehr besorgt über Pläne, die Kapazität der AKWs Temelin und Dukovany auszubauen. Ich begrüße jedenfalls die enge Zusammenarbeit zwischen den Atomexperten zu Sicherheitsfragen.“

Kurz Seinitz berichtet für die „Krone“ aus Prag/krone.at

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