„Weiß von nichts“
Auftritt bei FPÖ: Sarrazin aus SPD ausgeschlossen
Die Berliner SPD hat ihren früheren Finanzsenator Thilo Sarrazin (74) am Mittwochabend aus der Partei ausgeschlossen und dies am Donnerstagnachmitt auch ofiziell bestätigt. Eine besondere Rolle hat dabei nicht nur Sarrazins jüngstes Buch „Feindliche Übernahme“ gespielt, sondern auch der Auftritt des umstrittenen deutschen Autors bei einer FPÖ-Veranstaltung im Rahmen des EU-Wahlkampfs. Sarrazin selbst ist offenbar zunächst nicht von der SPD über seinen Ausschluss informiert worden, denn Donnerstagmittag behauptete er noch: „Ich weiß von nichts, die SPD hat mir nichts mitgeteilt.“
„Ich werde auf jeden Fall Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Landesschiedsgerichtes der Berliner SPD einlegen“, erklärte Sarrazin. „Ich ziehe vor das Bundesschiedsgericht - mein Anwalt hat schon den entsprechenden Auftrag.“ Am Donnerstagnachmittag herrschte zunächst noch Unklarheit, ob der SPD-Beschluss bereits rechtskätig ist, ehe Sarrazins Anwalt den Rauswurf seines Mandanten bestätigte.
Erleichterung in den Reihen der SPD
Der SPD-Spitzenpolitiker Ralf Stegner, bis vor Kurzem Mitglied im Parteivorstand, begrüßte am Donnerstag die Entscheidung seiner Partei. „Gut, dass wir uns nicht länger für die törichten, dumpfen und rechten Sarrazin-Ergüsse zu Flüchtlingen, dem Islam oder andere Geschmacklosigkeiten rechtfertigen müssen! Die Entscheidung war überfällig. Die SPD stand und steht für Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität“, twitterte er.
Sarrazin, dessen Rauswurf aus der SPD sich bereits abgezeichnet hatte, war im März 2019 bei einem Diskussionsabend der Freiheitlichen Akademie Wien aufgetreten. Anwesend waren unter anderem der damalige Vizekanzler Heinz-Christian Strache, FPÖ-Wien-Stadtrat Maximilian Krauss und der mittlerweile als Generalsekretär zurückgetretene Harald Vilimsky.
Heftige Diskussionen nach Auftritt
Bei der Präsentation des Buches hatte Sarrazin den Islam als eine politische Ordnung bezeichnet, „die Meinungsfreiheit und Demokratie behindert“. Seine antimuslimischen Thesen sorgen in Deutschland und auch in Österreich seit Jahren für heftige Diskussionen, Forderungen, ihn aus der SPD zu werfen, gab es ebenso lange.
„Ständig neue Kopftuchmädchen“
Bereits 2009 hatte Sarrazin in Hinblick auf muslimische Zuwanderer von Menschen gesprochen, „die ständig neue Kopftuchmädchen produzieren“. Zuwanderer aus muslimisch geprägten Kulturkreisen würden die europäischen Aufnahmeländer mehr kosten, als sie ihnen nützten. 2018 wiederum schrieb er, die „religiös gefärbte kulturelle Andersartigkeit der Mehrheit der Muslime“ und deren steigende Geburtenzahlen gefährdeten die offene Gesellschaft, Demokratie und den Wohlstand. Integration sei kaum möglich. Sarrazins Buch „Deutschland schafft sich ab“ von 2010 wurde zum Bestseller.
Sarrazin hat sich kurz nach der Präsentation von „Feinliche Übernahme“ auch einem „Krone“-Interview gestellt. Lesen Sie hier, wie der Autor die Fragen von Conny Bischofberger beantwortet hat.
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