Fehlende Einnahmen
EU entgehen durch Steueroasen 170 Mrd. € pro Jahr
Die EU-Staaten verlieren durch Steueroasen 170 Milliarden Euro pro Jahr. Das ist das Ergebnis einer Studie, die das Polish Economic Institute beim Weltwirtschaftsforum in Davos vorgestellt hat. Diese enorme Summe ergibt sich nicht nur, weil Konzerne und reiche Einzelpersonen Gewinne und Vermögen in Niedrigsteuerländer verschieben, sondern auch durch Mehrwertsteuerbetrug.
Der Bericht „Steuerungerechtigkeit in der Europäischen Union - hin zu mehr Solidarität im Kampf gegen Steuerhinterziehung“ will aufzeigen, dass viele Probleme in der EU durch mehr grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Kampf gegen Steuersünder gelöst werden könnten. Die EU könnte dadurch auch eine zusätzliche Finanzierungsquelle für das neue Budget - ohne den Zahler Großbritannien - gewinnen.
Abwärtsspirale bei Entwicklung der Steuersysteme
Die Entwicklung der Steuersysteme in den EU-Staaten in den vergangenen Jahrzehnten verlaufe in einer Abwärtsspirale, analysiert der Bericht: Die Besteuerung von Unternehmen und reichen Personen sei signifikant gesunken. Dadurch müsse ein wachsender Teil der öffentlichen Budgets von anderen Steuerzahlern finanziert werden, was offenbar den Anteil der weniger mächtigen Mitglieder der Gesellschaft am Gesamtsteueraufkommen vergrößere. Das könnte einer der Gründe für die wachsende Ungleichheit und das Gefühl der Ungerechtigkeit innerhalb der europäischen Gesellschaften sein, so die Wirtschaftsforscher.
Deutschland ist der größte Verlierer
In den vergangenen zwei Jahrzehnten sei die effektive Gewinnsteuer der Unternehmen (Körperschaftssteuer) in den EU-Mitgliedsstaaten von im Schnitt 24 Prozent im Jahr 2000 um acht Prozentpunkte auf 16 Prozent im Jahr 2017 gesunken. Multinationale Gesellschaften würden ihre Gewinne ungehindert von den Ländern, wo sie diese erzielen, hin zu EU-Ländern mit niedrigeren Steuersätzen verschieben. Davon am stärksten betroffen (laut Daten von 2016) sind Deutschland (18 Milliarden Euro), Frankreich (11 Milliarden Euro) und Großbritannien (14 Milliarden Euro).
Auch Österreich gehört zu den Verlierern, eine exakte Zahl ist in dem Bericht aber nicht ersichtlich. Aus einer ähnlichen Studie ging im September hervor, dass Österreich 2016 rund eine Milliarde Euro wegen Steueroasen verlor.
Sechs Steueroasen innerhalb der EU
Sechs EU-Staaten würden allerdings von dem Steuerwettbewerb innerhalb der EU profitieren. Als Steueroasen innerhalb der EU führt die Studie Belgien, Niederlande, Luxemburg, Zypern, Irland und Malta an. Diese Länder hätten unfaire Steuergesetzgebungen, die künstlichen Gewinnverschiebungen zuträglich seien. In diesen EU-Steueroasen (außer Belgien) gebe es „Phantom-FDIs“ in Milliardenhöhe: Das seien de facto nicht reale ausländische Direktinvestitionen, die nur durch Konstruktionen von Konzernen zur Steuervermeidung entstehen würden. Darüber hinaus würden diese EU-Steueroasen auch von transnationalen Konzernen für die weitere Gewinnverschiebung in klassische Offshore-Steueroasen, wie die Cayman oder die British Virgin Islands, genutzt.
EU-Staaten verlieren jährlich 170 Milliarden Euro
Von den 170 Milliarden Euro jährlich, die die EU an Steuern verliert, gehen laut dem Bericht 60 Milliarden Euro auf das Konto von Konzernen, die ihre Gewinne in Steueroasen verschieben, 46 Milliarden Euro seien auf vermögende Privatpersonen zurückzuführen, die Steueroasen nutzen. Weitere 64 Milliarden Euro pro Jahr seien auf Mehrwertsteuerbetrug durch Konzerne und kriminelle Gruppierungen zurückzuführen.
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