Es war eine lange Reise für ein paar Kilometer mit dem ersten vollelektrischen Mini, und die führten nicht etwa über lustige, verwinkelte Bergstraßen, sondern mit höchstem Geradeausanteil durch das verstaute Miami. Das Ersturteil über den Mini Cooper SE muss daher als ein vorläufiges gelten: Ein Freudenspender wie sein spaßiger Verbrenner-Bruder Cooper S, dem er in vielem sehr ähnlich ist. Sogar beim Preis.
Auf viel mehr als auf Motorsound, Höchstgeschwindigkeit und Reichweite muss man beim Mini Cooper SE im Vergleich zum Cooper S nicht verzichten, nicht einmal auf Platz. Man fragt sich, wo sie die Batterien untergebracht haben, ohne den 211 Liter „großen“ Kofferraum zu beschneiden (731 Liter mit umgeklappten Lehnen).
Die Antwort ist unspektakulär: zwischen den Vordersitzen und unter den Rücksitzen. Wenn man genau hinsieht, kann man lediglich erkennen, dass sie Karosserie eine Spur höher liegt, genau 18 Millimeter sind es.
So sitzt man wie gewohnt, allerdings ist die Aussicht eine andere, denn das 5,5-Zoll-Display ist flach, oval und volldigital. Die Grafik ist ansprechend, die Darstellung übersichtlich, lediglich bei stärkerer Sonneneinstrahlungan ist die Ablesbarkeit nicht hundertprozentig. Idealerweise bestellt man das Plexiglas-Head-up-Display mit, dann hat man zumindest Tempo und aktuelle Navi-Hinweise immer im Blick. Connected Navigation ist übrigens serienmäßig.
Guter Sprinter
Der Motor stammt im Wesentlichen aus dem BMW i3 und leistet 184 PS. Das entspricht der Angabe der von 2010 bis 2013 gebauten Version des Cooper S (der aktuelle leistet 192 PS). Das maximale Drehmoment von 270 Nm steht elektroüblich verzögerungsfrei aus dem Stand zur Verfügung, was nur bei nasser Fahrbahn die Vorderräder ein wenig überfordert. Kein Problem, weil der Mini die blitzschnelle Fahrdynamikregelung des i3 übernimmt. Ein störendes Zerren in der Lenkung ist nicht zu vermelden.
Bei der Beschleunigung fehlen dem Elektro-Mini mit 7,3 Sekunden von null auf 100 km/h lediglich fünf Zehntel auf den Cooper S; beim Höchsttempo jedoch 85 km/h - mehr als 150 Sachen darf der SE nicht machen, damit der Stromverbrauch nicht zu sehr in die Höhe schnellt.
Denn die Batterie ist relativ klein und weist nur eine Netto-Kapazität von 28,9 Kilowattstunden auf. Vorteil: Dadurch macht sie den kleinen Stromer nicht allzu schwer. Der Mini Cooper SE bringt nur 145 kg mehr auf die Waage als der Cooper S mit Automatik, also 1365 kg nach DIN. Die Reichweite ist überschaubar: Mini verspricht 235 bis 270 Kilometer (Verbrauchsangabe 14,8 bis 16,8 kWh). Das geht in Ordnung für einen Stadt-Kleinwagen. In Miami, wo das Tempolimit meist 30 mph (knapp 50 km/h) beträgt, war der Verbrauch allerdings sogar geringer. Wenn man aber artgerecht sportlich fährt, dürfte die Ladeanzeige schneller fallen, als einem lieb ist.
Besonders tiefer Schwerpunkt
Und sportlich ist nun mal das, was zu einem Mini mit einem S im Namen passt. Umso mehr, als der Schwerpunkt des Cooper SE nochmals 30 mm tiefer liegt als beim Cooper S. So lenkter also auch recht zackig um Kurven herum. Wie sich das auf kurvigen Landstraßen (der Paradedisziplin jedes Mini) anfühlt, müssen wir bei anderer Gelegenheit herausfinden.
Die Federung ist wie erwartet recht hart, die Dämpfung überraschenderweise aber eher weich, sodass der Mini auf Bodenwellen teils leicht nachschwingt, statt eine Schwelle trocken wegzudämpfen..
Vier Fahrmodi, zwei Rekuperationsstufen
Serienmäßig hat man die Wahl zwischen vier Fahrmodi, davon sind zwei für besonders sparsame Fortbewegung gedacht, einer für den normalen Alltag und einer für den Fall, dass der Hafer sticht. Im Sportmodus spricht das Fahrpedal direkter an und vor allem wird die Lenkung griffiger. Diese ist auf jeden Fall ziemlich nervös, Geradeausfahren liegt dem Mini nicht sonderlich.
Geht man vom Gas, gewinnt der Elektromotor Energie zurück und speist sie in die Hochvoltbatterie. Wie stark der Wagen dabei verzögert (und damit, wie viel Energie gewonnen wird), lässt sich per Kippschalter an der Mittelkonsole zweistufig auswählen. Bei jedem Motorstart ist die stärkere Einstellung aktiv, die den Einsatz des Bremspedals weitgehend unnötig macht und das vielzitierte One-Pedal-Feeling ermöglicht. Ansonsten verhält sich der E-Mini beim Gaswegnehmen ähnlich wie ein Verbrenner. Also, was das Verzögern betrifft, das Poppen des Auspuffs wie im Cooper S gibt es natürlich nicht. Unverständlich ist, warum kein Segelmodus angeboten wird, nicht einmal in den Green-Modi.
Laden mit bis zu 50 kW
Am schnellsten lässt sich die Batterie des Mini Cooper SE an einer Gleichstrom-Ladesäule laden. Mit einem Ladestrom von maximal 50 kW ist ein leerer Akku in 35 Minuten zu 80 Prozent gefüllt. An der optionalen Wallbox zu Hause oder mit dem dreiphasigen Ladekabel für die Nutzung von öffentlichen Ladestationen dauert es zweieinhalb Stunden bis 80 Prozent und dreieinhalb Stunden bis 100 Prozent. Zeitbedarf an der Haushaltssteckdose: zwölf Stunden. Beide Kabel sind standardmäßig an Bord.
Dafür, dass sich der Reichweitenverlust im Winter in Grenzen hält, sorgt die serienmäßige Wärmepumpenheizung.
Relativ günstiger Preis
Der Basispreis des Mini Cooper SE beträgt, wenn er im März auf den Markt kommt, 32.950 Euro. Damit liegt er nominell zwar knapp 3000 Euro über dem Cooper S, ausstattungsbereinigt ist er aber günstiger. So hat der Elektro-Mini immer LED-Scheinwerfer, Zweizonen-Klimaautomatik oder auch das Connected Navi an Bord (mit 6,5-Zoll-Display, optional 8,8 Zoll).
Unterm Strich
Die ersten Kilometer (bzw. Meilen) mit dem Mini Cooper SE waren vielversprechend, aber noch nicht so aussagekräftig wie erhofft. Der Verkehr in Miami hat damit, wie das Fahrzeug hierzulande eingesetzt wird, schlichtweg wenig zu tun. Für den vollen Spaß würde man sich sicher mehr Reichweite wünschen, doch das würde zu Lasten von Platzangebot und Gewicht gehen. Ob das Package wirklich passt, wird erst ein ausgiebiger Test auf selbstgewählten Routen zeigen.
Warum?
Erstaunlich wenig Einschränkung im Vergleich zum Verbrenner-Bruder
Verhältnismäßig günstiger Preis
Fühlt sich an wie ein Mini
Warum nicht?
Am Reichweitenthema kommt man nicht vorbei
Oder vielleicht …
… Honda e, Renault Zoe, DS3 Crossback E-Tense, Kia e-Soul, Opel Corsa e, Peugeot e-208
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