„Mr. Brexit“ Farage:
„Wir lieben Europa, wir hassen nur die EU“
Mit einer wilden Rede hat sich „Mister Brexit“ Nigel Farage vom EU-Parlament verabschiedet. Der für Freitag vorgesehene EU-Austritt sei ein Abschied ohne Wiederkehr. „Wir kommen nie zurück“, rief Farage am Mittwoch vor der Ratifizierung des EU-Austrittsabkommens in Brüssel. „Wir lieben Europa, wir hassen nur die Europäische Union.“ Kurz danach billigte das Europaparlament den Brexit-Vertrag. Damit ist der Austritt Großbritanniens aus der EU endgültig durch.
Er hoffe, dass der britische EU-Austritt der Anfang vom Ende des europäischen Projekts sei, so Farage in seiner Rede. Nach der Ansprache schwenkten die Abgeordneten seiner Brexit-Partei britische Fähnchen, obwohl das gegen Parlamentsregeln verstößt. Als die amtierende Parlamentspräsidentin sie aufforderte, die Fahnen zu entfernen, sagte Farage nur: „Es ist vorbei.“
EU-Parlament billigte Brexit-Vertrag
621 Abgeordnete stimmten anschließend am Mittwoch in Brüssel für das Abkommen, 49 dagegen, 13 enthielten sich. Durch das Abkommen bleibt Großbritannien bis Ende 2020 noch im EU-Binnenmarkt und der Zollunion; die Übergangsphase wollen beide Seiten nutzen, um ein Handelsabkommen auszuhandeln. Die 27 bleibenden EU-Staaten müssen nun noch einmal zustimmen. Doch das gilt als Formsache.
Die Abgeordneten applaudierten nach dem Votum, das einen harten Brexit verhindert. Viele sangen das schottische Abschiedslied „Auld Lang Syne“ („Längst vergangene Zeit“). In der vorangegangenen Debatte hatten viele Volksvertreter die Hoffnung geäußert, dass die Briten eines Tages wieder in die EU zurückkehren. Wichtigster Punkt im Vertrag ist eine geplante Übergangsfrist bis zum Jahresende, in der sich im Alltag zunächst nichts ändert.
Andere Politiker zeigten sich weniger euphorisch angesichts des bevorstehenden Austritts Großbritanniens. Der französische Präsident Emmanuel Macron nannte den Brexit eine „Lektion für alle“ in Europa. Der Tag des britischen EU-Austritts am Freitag sei ein „trauriger Tag“, sagte Macron am Mittwoch in Paris. Er sprach zudem von einem „Scheitern“. Zugleich warnte Macron Großbritannien, dass Frankreich sich „Druck oder Hast“ in den Gesprächen über ein künftiges Handelsabkommen mit der EU nicht beugen werde. „Das Schwerste liegt noch vor uns“, sagte auch der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian.
Von der Leyen will „einzigartige Partnerschaft“
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat Großbritannien für die Zeit nach dem Brexit eine „einzigartige“ Partnerschaft in Aussicht gestellt. Kein anderes Freihandelsabkommen gewähre „einen derartigen Zugang zu unserem Binnenmarkt“ wie die mit Großbritannien angestrebte Partnerschaft, sagte von der Leyen am Mittwoch im EU-Parlament in Brüssel. „Wir werden euch immer lieben und nie weit entfernt sein“, fügte sie hinzu.
In den bevorstehenden Verhandlungen über ein Abkommen über die künftige Beziehung der EU zu Großbritannien „werden wir all unsere Energie aufwenden“, sagte von der Leyen. Bedingung für eine enge Partnerschaft sei allerdings, „dass europäische und britische Unternehmen weiterhin zu fairen Wettbewerbsbedingungen konkurrieren“.
Wir werden euch immer lieben und nie weit entfernt sein.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu den Briten vor deren EU-Austritt
Am Freitag um Mitternacht sind die Briten weg
Großbritannien tritt am Freitag um Mitternacht aus der EU aus. Auf britischer Seite ist der Austrittsvertrag bereits ratifiziert. Das EU-Parlament sollte am Mittwoch grünes Licht geben. Am Donnerstag müssen nochmals die verbleibenden 27 EU-Mitgliedstaaten dem Vertrag zustimmen. Das gilt aber als Formsache.
Der 176 Seiten lange Austrittsvertrag regelt unter anderem die Rechte der Bürger beider Seiten und die Finanzverpflichtungen Londons. Zudem sieht er eine Übergangsphase bis Ende des Jahres vor, in der Großbritannien noch im Binnenmarkt und der Zollunion bleibt. Die Zeit wollen beide Seiten nutzen, um ein Handelsabkommen auszuarbeiten.
Folgen für deutsches Dorf: Bürgermeister muss gehen
Skurrile Folgen hat der Brexit übrigens für ein Dorf in Deutschland. Denn wenn das Vereinigte Königreich in der Nacht auf Samstag aus der Europäischen Union ausscheidet, müssen die Einwohner der 153-Seelen-Gemeinde Brunsmark in Schleswig Holstein Abschied von ihrem Bürgermeister nehmen. Denn mit dem Brexit scheidet der Schotte Iain Macnab automatisch aus dem Amt.
Er sei sehr gerne Bürgermeister gewesen und bedauere es sehr, dass er jetzt gehen müsse, sagte Macnab der Deutschen Presse-Agentur. Aber so sei nun einmal die Rechtslage: Nicht-EU-Bürger dürfen in der EU keine politischen Ämter ausüben. Fast zwölf Jahre lang war der heute 70-Jährige ehrenamtlicher Bürgermeister in dem Dorf südlich von Lübeck. Macnab versicherte, er wolle auch weiterhin in Brunsmark wohnen, wo er seit fast 30 Jahren lebt und eine kleine IT-Firma betreibt.
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