Der Freund der Mutter verbüßt rechtskräftig lebenslange Haft und Einweisung in eine Anstalt. Weil er Luca gequält, misshandelt, vergewaltigt hat. Lucas leiblicher Vater hatte immer wieder verzweifelt darauf hingewiesen, aber leider vergebens: Luca erlag seinem Martyrium im November 2007…
Mutter hätte Luca beschützen müssen
Seine Mutter hätte dies verhindern müssen. Zu dieser Ansicht kam der Berufungssenat unter Vorsitz von Richterin Beatrix Kiechl. Sie hat wissen müssen, dass ihr Freund dem Buben "etwas angetan hat", ihr wurde dezidiert gesagt, dass Luca misshandelt wird - und sie hat ihm ihr Kind weiterhin alleine anvertraut.
Damit hätte sie ihre Obsorgepflicht auf das Gröbste vernachlässigt. Die Mutter wird für die Körperverletzungen verantwortlich gemacht, für den Tod des kleinen Luca aber nicht. Das erstgerichtliche Urteil - 1 Jahr Haft - wurde bestätigt.
Sozialarbeiterin im entscheidenden Zeitraum auf Urlaub
Anders bei der angeklagten Sozialarbeiterin. Sie bekam wegen fahrlässiger Körperverletzung durch Unterlassung eine Geldstrafe. Diese hob das Berufungsgericht nun auf. Im "entscheidenden Zeitraum", sprich in den Tagen, an denen Luca um sein Leben kämpfte, war sie auf Urlaub. Ihre Vertretung und ihre Vorgesetzte waren zu dem Schluss gekommen, "dass der Fall nicht so dramatisch sei".
Daraus könne man der Frau, so die Richterin, keinen Strick drehen, dass sie der Mutter nicht sofort das Kind abgenommen hätte. Zumal es auch ein ärztliches Gutachten gegeben hatte, in dem der zuletzt erlittene Armbruch des Buben "zwar den Verdacht einer Misshandlung aufwerfe, aber das nicht so sein müsse." Leider sprach die Realität eine ganz andere Sprache.
LR-Reheis: Freispruch wichtig für Jugendwohlfahrt
Mit einem Freispruch zeigt sich Sozial-Landesrat Gerhard Reheis erleichtert. "Mir fällt ein Stein vom Herzen", war seine erste Reaktion. "Der Freispruch ist kein Grund zum Jubeln. Doch er ist wichtige Grundlage für die Arbeit der Jugendwohlfahrt. Die Mitarbeiter müssen in einem schwierigen Umfeld Entscheidungen zum Wohl des Kindes treffen. Ziel ist es weiterhin, Familien zu erhalten. Doch über allem steht der Schutz der Kinder", so der Landesrat.
Lucas' tragisches Schicksal hat die Tiroler sensibilisiert. "Im Vorjahr sind 2.448 Gefährdungsmeldungen eingegangen. Deutlich mehr als früher", so Abteilungs-Vorständin Silvia Rass-Schell. Vor allem die Vernetzung mit Ärzten und Krankenhäusern wurde verbessert. Rass-Schell: "2007 waren es 50 Meldungen von Ärzten, im Vorjahr 200."
Reaktion auf Fall Luca: Tiroler Gewaltambulanz
Ärzte - vor allem Gerichtsmediziner - sollen in Zukunft bei der Abklärung eines Missbrauchsverdachts noch besser eingebunden sein. Reheis: "Wir sind gerade dabei, eine Gewaltambulanz aufzubauen. Dort können Mediziner den Sozialarbeitern bei der Abklärung von Verdachtsfällen zur Seite stehen." Angesiedelt werden soll die Ambulanz am Institut für Gerichtsmedizin in Innsbruck.
Fünf zusätzlich Sozialarbeiter wurden seit dem Fall Luca in Tirol angestellt. Die Weiterbildung der Mitarbeiter wurde forciert, der Psychologische Dienst verstärkt. Reheis' Appell gilt aber auch der Bevölkerung: "Kindeswohl geht uns alle an. Niemand darf wegschauen. Der Schutz von Kindern ist nicht nur die Aufgabe der Jugendwohlfahrt, sondern der ganzen Gesellschaft."
von Hans Licha und Claudia Thurner, Tiroler Krone
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.