Bis 2029 müssen laut einer EU-Richtlinie mindestens 90 Prozent der rund 1,6 Milliarden jährlich in Österreich verkauften Kunststoff-Getränkeflaschen getrennt gesammelt und recycelt werden. Eine nun vorgelegte Studie, die im Vorjahr von Ex-Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) in Auftrag gegeben und am Freitag veröffentlicht wurde, spricht sich für die Einführung eines Pfandsystems auf Einwegflaschen aus. Dies sei die kostengünstigste Variante, nur so könne die Sammelquote erreicht werden und dem Littering (dem achtlosen Wegwerfen) effektiv entgegengewirkt werden, heißt es.
Aktuell betrage die Sammelquote nur 70 Prozent, eine Steigerung bei der Mülltrennung sei aber nicht zu erwarten, sodass zusätzliche Massen aus dem Restmüll aussortiert werden müssten - und zwar aus rund 75 Prozent oder bis zu einer Million Tonnen des gesamten heimischen Abfalls, so die Autoren der Studie. Internationale Erfahrungen würden zeigen, dass ein Pfand auf Einweg-Getränkeflaschen aus Kunststoff die kostengünstigere Maßnahme darstellt - damit, so heißt es - wären getrennte Sammelquoten von 95 Prozent erreichbar.
Runder Tisch zu Kunststoffmüll geplant
Die zuständige Ministerin Leonore Gewessler (Grüne) und Staatssekretär Magnus Brunner (ÖVP) werden nun einen Runden Tisch mit den Vertretern der Wirtschaft, der Interessenvertretungen und weiteren Akteuren einberufen. Der Ausbau von Mehrwegsystemen werde als ökologisch vorteilhafteste Variante für Getränkeverpackungen jedenfalls eine Rolle dabei spielen.
Die Umweltschutzorganisationen WWF und GLOBAL 2000 begrüßen die Ergebnisse und fordern rasche Maßnahmen der Politik. Greenpeace fordert von Türkis-Grün noch heuer ein Pfandsystem mit gesetzlicher Mehrwegquote umzusetzen und den Mehrweganteil in den nächsten Jahren konsequent zu steigern. „Es braucht ein effizientes Pfandsystem für wiederbefüllbare Getränkeverpackungen und ein Pfand auf Einwegprodukte, damit diese qualitativ hochwertig recycelt werden können und nicht als Müll in die Umwelt gelangen“, so Elisa Gramlich, die beim WWF für Plastik und Kreislaufwirtschaft zuständig ist.
Marktanteil von Pfandflaschen stark gesunken
Ein Öko-Check in den Regalen der heimischen Supermärkte zeige, dass Getränke in Plastikflaschen in der ersten Reihe stehen, während Mehrwegflaschen nur von Konsumenten mit gewissem Umweltspürsinn zu finden sind, kritisierte Greenpeace Anfang des Jahres.
Fakt ist: Seit 1995 (damals lag der Anteil noch bei rund 80 Prozent!) sinkt der Marktanteil an wiederverwendbaren Pfandflaschen in Österreich rapide. Der Tiefstand wurde 2018 mit nur noch 18 Prozent erreicht. Dabei wäre - laut berechnetem Öko-Fußabdruck - der Mehrweg bei Getränkeverpackungen der beste und umweltfreundlichste Weg aus der Plastikkrise.
Aufgrund von Zahlen einer Studie der TU Wien errechnete Greenpeace, dass eine Umstellung sämtlicher Einweg-Plastikflaschen in Österreich auf Glas-Mehrwegflaschen die Menge der Plastikverpackungen um 45.000 Tonnen jährlich oder etwa 15 Prozent reduzieren könnte.
Pfand für Handel volkswirtschaftlich fragwürdig
Widerstand gegen die Einführung eines Pfandsystems kam umgehend vom heimischen Handel: Die Einführung eines Einwegpfand-Systems nach deutschem Vorbild wäre für den österreichischen Lebensmittelhandel mit unverhältnismäßigen Investitionen dreistelliger Millionenhöhe verbunden und sei volkswirtschaftlich fragwürdig, hieß es seitens des Handelsverbandes.
Die zurzeit in Österreich bereits eingesetzten Mehrwegautomaten würden die Kriterien für eine Sammlung von PET-Flaschen nicht erfüllen. Es müssten daher neue kostenintensive Automaten sowie Plastikpressen angeschafft werden. Außerdem mache ein Einwegpfand-System die Bereitstellung zusätzlicher Flächen erforderlich, so eines der Argumente des Handels.
„Brauchen kein weiteres bürokratisches System“
Auch WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf spricht sich gegen ein Pfand auf Plastikflaschen aus: „Wir brauchen kein weiteres bürokratisches System, das für die betroffenen Branchen wie den Handel, Kioske, Trafiken, Tankstellen und Lieferservicebetriebe und dessen Lieferanten große finanzielle und personelle Mehrbelastungen bedeuten würde, die vor allem in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zu einem besonderen Wettbewerbsnachteil für unser Land werden können.“ Man solle viel mehr alle Möglichkeiten nützen, um den Rücklauf der Gebinde im erforderlichen Ausmaß zu steigern.
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