Sorgen um die Verbreitung des neuartigen Coronavirus haben Chinas Aktienmärkte einbrechen lassen. Der Shanghai Composite Index fiel am Montag um 7,72 Prozent, während der Component Index im südchinesischen Shenzhen um 8,45 Prozent absackte. Es war der erste Handelstag nach den wegen der Lungenkrankheit verlängerten Ferien zum chinesischen Neujahrsfest, die schon am 23. Jänner begonnen hatten.
Viele Aktien fielen gleich zu Beginn um die zehn Prozent, die als Handelslimit festgelegt sind, weil sich die Anleger um den Zustand der weitgehend still stehenden zweitgrößten Volkswirtschaft sorgten. Die meisten Fabriken und Büros sind wegen der Epidemie vorerst auch diese Woche geschlossen. Es waren die größten Verluste seit der Börsenkrise 2015 in China.
Ungewöhnlich hohe Geldspritze
Um Panik zu verhindern, hatte Chinas Regierung vorher noch demonstrativ versucht, das Finanzsystem zu stärken und die Auswirkungen der Epidemie abzufedern - unter anderem mit einer ungewöhnlich hohen Geldspritze. Die Zentralbank stellte den Geschäftsbanken 1,2 Billionen Yuan (rund 156 Milliarden Euro) Liquidität zur Verfügung.
Die Maßnahme soll die Funktionalität des chinesischen Geldmarktes und Bankensystems sicherstellen. Das Geld floss im Rahmen von Repo-Geschäften. Dabei hinterlegen Banken Wertpapiere als Sicherheiten. Laut dem Finanzdienst Bloomberg war die Geldspritze die größte seit 2004.
„Niemand weiß, wie viel schlimmer es werden wird“
Analysten hatten die Liquiditätsbewegung zu einem späteren Zeitpunkt erwartet, wenn die wirtschaftlichen Auswirkungen des Virus deutlicher sind. „Es ist eine klare Botschaft, dass sie wachstumsfördernde Maßnahmen ergreifen und den Markt beruhigen wollen“, sagte Mayank Mishra, Makrostratege bei der Standard Chartered Bank in Singapur. „Aber niemand weiß wirklich, wie viel schlimmer das werden wird.“
Am 23. Jänner war die zentralchinesische 11-Millionen-Einwohner-Metropole Wuhan unter Quarantäne gestellt worden, in der die Lungenkrankheit ihren Ausgang nahm. Per heute, Montag, sind bereits mehr als 17.000 Infizierte sowie 360 Todesfälle zu beklagen. Der erste Todesfall in China war am 11. Jänner bekanntgeworden.
„Produktionseinbußen größer als erwartet“
Ökonomen der Citigroup rechnen nicht damit, dass die von den chinesischen Behörden unternommenen Schritte ausreichen werden, um einen deutlichen Abschwung im ersten Quartal einzudämmen und erwarten weitere Maßnahmen. „Da die meisten Beschäftigten nicht vor dem 9. Februar die Arbeit wieder aufnehmen, werden die Produktionseinbußen wahrscheinlich größer sein als erwartet“, stellten sie fest. Das Bankhaus revidierte die Gesamtjahresprognose für Chinas BIP-Wachstum auf 5,5 Prozent von zuvor 5,8 Prozent. Für das erste Quartal rechnen sie nur noch mit einem Wirtschaftswachstum von 4,8 Prozent, verglichen mit sechs Prozent im vierten Quartal 2019.
Virus setzt Börsen zu
Weltweit hat die Ausbreitung des Virus den Börsen in den vergangenen Tagen gehörig zugesetzt. Der DAX stabilisierte sich aber am Montag und notierte am Vormittag um 0,15 Prozent höher bei 13.001,25 Punkten. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 gewann 0,1 Prozent. An der Wiener Börse notierte der Leitindex ATX am Vormittag mit 3.054,21 Punkten um 0,65 Prozent niedriger.
Doch auch an den übrigen asiatischen Börsen ging es bergab. Der Nikkei-Index schloss in Tokio ein Prozent tiefer bei 22.972 Punkten. Der MSCI-Index für asiatische Aktien außerhalb Japans fiel um 0,6 Prozent.
Flüge gestrichen und Fabriken geschlossen
Der Ölpreis wurde am Montagvormittag von der Furcht vor einer sinkenden Nachfrage aus China wegen der Ausbreitung des Coronavirus belastet. Der Preis für ein Fass der Nordseesorte Brent fiel um bis zu 2,1 Prozent auf 55,42 Dollar. Das ist der niedrigste Stand seit einem Jahr. Der weltgrößte Ölimporteur China hat Flüge gestrichen und Fabriken geschlossen, um die Ausbreitung der neuen Lungenkrankheit einzudämmen. „Reisebeschränkungen und die ausgedehnte Schließung großer Teile des chinesischen Industriesektors haben die Ölnachfrage belastet“, schreiben die Rohstoffanalysten von ING in einer Notiz.
Angesichts der Talfahrt am chinesischen Aktienmarkt und der anhaltenden Virus-Angst trennen sich Anleger von der Landeswährung Yuan. Der Dollar steigt im Gegenzug um 0,1 Prozent auf 7,0117 Yuan. „Die Flucht in sichere Häfen ist jetzt ein großes Thema“, sagte Bart Wakabayashi, in Tokio ansässiger Manager der State Street Bank. Die als sichere Anlagehäfen geltende Währungen Japans und der Schweiz gaben zwar leicht nach. Mit 108,48 Yen pro Dollar notierte die japanische Währung aber weiter nahe dem zuletzt erreichten Drei-Wochen-Hoch. Auch der Schweizer Franken entfernte sich mit 0,96395 pro Dollar nicht weit von seinem im Jänner erzielten 15-Monats-Hoch.
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