Eklat bei Rede
Demokratin Pelosi zerreißt Trumps Manuskript
Wenn es noch eines Beweises bedarf, wie tief die USA gespalten sind, dann liefert diesen Beleg die Rede von Präsident Donald Trump zur Lage der Nation. Der Republikaner verweigerte in der Nacht auf Mittwoch der demokratischen Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, den Handschlag. Pelosi dankte es ihm, indem sie nach der Ansprache und hinter Trumps Rücken vor laufenden Kameras dessen Redemanuskript zerriss. Pelosi bestätigte im Anschluss, dass es sich um das Manuskript gehandelt habe. Es sei angesichts der Alternativen das Höflichste gewesen, das sie habe tun können.
Pelosi ist eine erbitterte Gegnerin von Trump. Vor Beginn der Rede schien Trump Pelosi den Handschlag zu verwehren - es wurde aber nicht deutlich, ob Trump der Demokratin absichtlich umgehend den Rücken zukehrte. Einige demokratische Abgeordnete wohnten der Rede Trumps gar nicht erst bei. So sagte die linke Leitfigur der Demokraten, Alexandria Ocasio-Cortez, ihre Teilnahme aus Protest gegen Trump kurz zuvor ab.
Pelosi meinte wenig später auf Twitter: „Das Manifest der Unwahrheiten, welches heute Seite für Seite präsentiert wurde, sollte ein Weckruf für alle sein, die die Wahrheit vom Präsidenten erwarten.“
Bei dem Auftritt vor dem Kongress handelte es sich um Trumps dritte Rede zur Lage der Nation. Sie stand unter dem Motto „Das große amerikanische Comeback“. Der seit Längerem feststehende Termin fiel unmittelbar vor den Schlusspunkt des Amtsenthebungsverfahrens, das seit Wochen die innenpolitische Debatte bestimmt. Der Senat will noch am Mittwoch über die beiden Anklagepunkte des Repräsentantenhauses - Machtmissbrauch und Behinderung der Kongress-Ermittlungen - entscheiden. Wegen der republikanischen Mehrheit wird mit einem Freispruch gerechnet.
Höchste Zustimmungsrate für Trump seit Amtsantritt
Ohnehin hat Trump neun Monate vor der Präsidentschaftswahl einen ziemlichen Lauf. Kurz vor der Rede zur Lage der Nation war am Dienstag eine Umfrage des renommierten Instituts Gallup erschienen, die dem Präsidenten Zustimmungswerte von 49 Prozent bescheinigt - die höchsten in einer Gallup-Umfrage seit Trumps Amtsantritt vor gut drei Jahren, und das trotz Impeachments. Die Umfrage zeigt allerdings auch, wie polarisiert das Land unter Trump ist: Bei Republikanern genießt er Zustimmungswerte von 94 Prozent, bei Demokraten sind es gerade einmal sieben Prozent. Das ist die größte Kluft, die Gallup je verzeichnet hat.
Am Podium im Repräsentantenhaus, vor den Augen der Nation, zählte Trump auf, was er seit seiner Ansprache vor einem Jahr alles unter seinen Erfolgen verbucht habe: Unter anderem hat der Präsident das Nordamerika-Freihandelsabkommen USMCA durchgebracht und ein Handelsabkommen mit China abgeschlossen. Trump ließ den iranischen Top-General Kassem Soleimani und IS-Chef Abu Bakr al-Baghdadi töten. Seine umstrittene Mauer an der Grenze zu Mexiko lässt er gegen den erbitterten Widerstand der Demokraten bauen. Die Wirtschaft brummt, die Arbeitslosenquote ist historisch niedrig.
„Hexenjagd“ und „Demokraten, die nichts tun“
Das ist der Kontrast, den Trump zeichnen will: auf der einen Seite der Präsident als unbeirrter Macher, der Amerika voranbringt. Auf der anderen Seite die „Do Nothing Democrats“ (sinngemäß: Die Demokraten, die nichts tun), wie Trump seine Kontrahenten regelmäßig nennt: fanatische linksradikale Blockierer, die den Kongress mit einem Amtsenthebungsverfahren lahmlegen, das Trump und seine Unterstützer von vornherein als „Hexenjagd“ abgetan haben.
Dutzende US-Demokratinnen hatten sich bei der Ansprache erneut in Weiß gekleidet und damit für Frauenrechte demonstriert. Die Kleidung der Abgeordneten, die deutlich im Plenum erkennbar war, ist eine Anlehnung an die Suffragetten-Bewegung Anfang des 20. Jahrhunderts in den USA. Damals protestierten amerikanische Frauen in weißer Kleidung für ein flächendeckendes Frauenwahlrecht, das ihnen vor gut 100 Jahren gewährt wurde.
Guaido als Überraschungsgast im Kongress
Für Aufsehen sorgte die Anwesenheit des selbst ernannten venezolanischen Interimspräsidenten Juan Guaido, dem Trump bei seiner Ansprache seine weitere Unterstützung zusagte. Die Tyrannei von Venezuelas sozialistischem Präsidenten Nicolas Maduro werde „zerschlagen und gebrochen“ werden. Der Moment markierte einen der wenigen an dem Abend, in dem Abgeordnete und Senatoren aus den zerstrittenen politischen Lagern Einigkeit zeigten, applaudierten und aufstanden.
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