Weg für Neuwahl frei

FDP-Ministerpräsident tritt nach 24 Stunden ab

Ausland
06.02.2020 16:19

Nicht einmal 24 Stunden nach seiner umstrittenen Wahl zum Ministerpräsidenten des deutschen Bundeslands Thüringen tritt Thomas Kemmerich schon wieder den Rückzug an - und macht den Weg für Neuwahlen frei. „Der Rücktritt ist unumgänglich“, sagte der FDP-Politiker am Donnerstag. Es handelte sich damit um die kürzeste Amtszeit eines Ministerpräsidenten in der Geschichte Deutschlands. FDP-Bundeschef Christian Linder will unterdessen im FDP-Vorstand am Freitag die Vertrauensfrage stellen.

Er wolle „den Makel der Unterstützung durch die rechtspopulistische AfD vom Amt des Ministerpräsidenten nehmen“, begründete Kemmerich seine Entscheidung. „Am Mittwoch hat die AfD mit einem perfiden Trick versucht, die Demokratie zu beschädigen“, sagte er auf einer Pressekonferenz nach einem Gespräch mit Lindner. „Demokraten brauchen demokratische Mehrheiten. Die sich offensichtlich in diesem Parlament nicht herstellen lassen.“

(Bild: APA/AFP/JENS SCHLUETER)

Kemmerich war am Mittwoch mit Stimmen von CDU, AfD und seiner eigenen Partei zum Ministerpräsidenten gewählt worden. Daraufhin wurden umgehend Forderungen nach einem Rücktritt und Neuwahlen laut, auch in Kemmerichs eigener Partei. Lindner fuhr am Donnerstag nach Erfurt, um Kemmerich zu einem Amtsverzicht zu bewegen. Zu der Rücktrittentscheidung habe ihn aber niemand gezwungen, sagte Kemmerich nach dem Gespräch.

Der äußerst umstrittene Björn Höcke (r.) gratulierte Kemmerich am Mittwoch zur Wahl zum Ministerpräsidenten von Thüringen. (Bild: AFP)
Der äußerst umstrittene Björn Höcke (r.) gratulierte Kemmerich am Mittwoch zur Wahl zum Ministerpräsidenten von Thüringen.

Auch Parteiausschluss Kemmerichs wurde diskutiert 
Dass es nun so schnell zum Rücktritt kam, soll nicht nur am Druck von Lindner, sondern auch an den Worten von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gelegen sein. Sie sagte am Donnerstag am Rande ihres Südafrika-Besuchs, die Wahl Kemmerichs sei „ein schlechter Tag für die Demokratie“ gewesen. Laut Online-Berichten der deutschen „Bild“ soll zwischendurch auch ein möglicher Parteiausschluss Kemmerichs im Raum gestanden sein. Diesen hätte allerdings ein Schiedsgericht in Thüringen entscheiden müssen, hieß es laut „Bild“ aus der FDP-Führung.

Linker Ramelow steht weiterhin als Kandidat zur Verfügung
Kemmerich, Chef der Fünf-Prozent-Partei FDP in Thüringen, hatte ursprünglich mit CDU, SPD und Grünen eine Minderheitsregierung bilden wollen. SPD und Grüne erteilten einer Zusammenarbeit aber eine Absage. Ein Bündnis aus FDP, CDU, SPD und Grünen wäre auf eine Unterstützung von Linkspartei oder AfD angewiesen gewesen. Der Kandidat der FDP setzte sich gegen den bisherigen Regierungschef Bodo Ramelow von den Linken durch. Es war das erste Mal, dass die AfD einem Ministerpräsident ins Amt half. Ramelow steht unterdessen weiter als Kandidat zur Verfügung, wie der Vize-Chef der Thüringer Linken, Steffen Dittes, am Donnerstag sagte.

Bodo Ramelow (Bild: APA/AFP/Jens Schlueter)
Bodo Ramelow

Lindner: „Aus der Abhängigkeit von der AfD befreit“
Lindner will sich unterdessen am Freitag mit einer Vertrauensfrage im FDP-Parteivorstand „des Rückhalts versichern“. „Die Bundesführung muss neu legitimiert werden, ein Weiter-so kann es da nicht geben“, sagte er am Donnerstag. Zu Kemmerich erklärte der Liberalen-Chef: Der Ministerpräsident habe „die einzig richtige und die einzig mögliche Entscheidung getroffen“ und sich „binnen eines Tages aus der Abhängigkeit von der AfD befreit“. Die CDU in Thüringen forderte Lindner auf, den Weg für Neuwahlen freizumachen.

FDP-Chef Christian Lindner soll Kemmerich zur Kehrtwende und dem damit verbundenen Rücktritt bewegt haben. (Bild: APA/dpa/Carsten Koall)
FDP-Chef Christian Lindner soll Kemmerich zur Kehrtwende und dem damit verbundenen Rücktritt bewegt haben.

Zweidrittelmehrheit für Auflösung des Thüringer Landtags nötig
Die FDP-Fraktion Thüringen will einen Antrag auf Auflösung des Landtags zur Herbeiführung einer Neuwahl stellen. Um die Auflösung zu beschließen, bedarf es aber einer Zweidrittelmehrheit. Um diese zu erreichen, müssten neben Linken, Sozialdemokraten (SPD), Grünen und FDP auch die CDU oder die AfD dafür stimmen. Die CDU kündigte allerdings zuvor an, keine Neuwahlen unterstützen zu wollen. Kemmerich sagte dazu: „Dann werde ich die Vertrauensfrage stellen.“ Auf diese Weise würden dann die Stimmen der FDP, Grünen, SPD und Linken reichen.

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