Die Coronavirus-Epidemie in China hat nicht nur menschliche Tragödien zur Folge, sondern ist auch Gift für die Wirtschaft - und zwar nicht nur für die chinesische. Weil die Regierung in Peking strenge Quarantänemaßnahmen erlassen hat und viele Chinesen in den Epidemie-Gebieten zu Hause bleiben, fehlen der „Werkbank der Welt“ die Arbeitskräfte. Besonders die IT-Industrie, deren Who-is-Who bei Auftragsfertigern wie Foxconn und Pegatron in China zusammenbauen lässt, kämpft mit Produktionsengpässen.
In den letzten Tagen haben zahlreiche Unternehmen Produktionsprobleme gemeldet, die durch den gesundheitlichen Ausnahmezustand im Reich der Mitte zustande kommen. Die Zahl der Firmen, deren Produktion unter der Epidemie leidet, wird von Tag zu Tag länger.
iPhone-Fabrik unter Quarantäne gestellt
Bei Apple hat man - ebenso wie bei Samsung, Microsoft, Tesla und Google - in China nicht nur die Filialen geschlossen. Man hat auch Probleme, die iPhone-Produktion fortzuführen. Auftragsfertiger Foxconn - das taiwanesische Unternehmen betreibt gewaltige Megafabriken in China - hat zwar ganze Werke unter Quarantäne gestellt und damit begonnen, Millionen Atemschutzmasken für seine Arbeiter zu fertigen. Dauert der Notstand länger, könnte es dort trotzdem zu Problemen kommen.
Facebook erwartet Verzögerungen bei der Produktion der Virtual-Reality-Brille Oculus Quest, der taiwanesische Computerhersteller Asus warnt vor Engpässen in der Smartphone-Produktion. Laut „The Verge“ schränkt die Epidemie auch die Produktion beim Elektroauto-Pionier Tesla sowie den chinesischen IT-Firmen Huawei, Lenovo, Oppo und Xiaomi ein.
Nintendo-Switch-Produktion eingeschränkt
Der japanische Videospielriese Nintendo hat bereits Produktionsengpässe durch die Corona-Epidemie gemeldet. Die populäre Switch-Konsole, die ebenso wie das iPhone in Foxconn-Fabriken zusammengebaut wird, ist ebenso betroffen wie Nintendo-Zubehör. Eine limitierte Edition der Konsole musste verschoben werden.
Betroffen von den Engpässen ist laut „Hardwareluxx“ bislang vor allem der US- und der japanische Heimatmarkt. Eine Restproduktion erhält man in Werken außerhalb Chinas - Foxconn hat durch die steigenden Personalkosten in China etliche Werke in Ländern Südostasiens wie Kambodscha oder Vietnam hochgezogen - aufrecht.
Angst vor Ansteckung auf großer Mobilfunkmesse
Doch nicht nur die Produktion von Hightech-Produkten, sondern auch das gesamte Drumherum leidet unter der Epidemie in China. Beim Branchentreff Mobile World Congress, der Ende des Monats im spanischen Barcelona über die Bühne geht, kommen Mobilfunk- und Technologie-Unternehmen aus aller Welt zusammen, um Geschäfte zu machen, Neuheiten zu präsentieren und sich auszutauschen - normalerweise. Heuer liegt mit dem Coronavirus ein Schatten über der wichtigsten Mobilfunkmesse, auf der naturgemäß auch Dutzende chinesische Firmen ausstellen.
LG, Ericsson und Nvidia sagten Messebesuch ab
Der südkoreanische Riese LG Electronics hat seine Teilnahme an der Messe bereits abgesagt, der chinesische Netzwerkausrüster ZTE hat seine Pressekonferenz abgesagt und angekündigt, nur eine kleine Dependance auf der Messe zu unterhalten. Auch europäische und US-amerikanische Firmen plagt die Angst vor der Lungenkrankheit aus Wuhan. Der schwedische Netzwerkausrüster Ericsson hat seine Teilnahme an der Messe abgesagt, der US-Chiphersteller Nvidia ebenfalls. Als einer der größten Aussteller könne man die Sicherheit von Mitarbeitern und Besuchern nicht garantieren, erklärte Ericsson den drastischen Schritt.
Auch in der eSports-Szene regiert die Angst
Dass nicht nur Unternehmen, sondern letztlich auch der Endverbraucher die Folgen der Epidemie zu spüren bekommt, zeigt sich unter anderem an der Verschiebung verschiedener Gaming-Events. Ein großes „League of Legends“-Turnier, das von einem Veranstalter in Shanghai ausgerichtet werden sollte, wurde auf unbestimmte Zeit verschoben, bis man „die Sicherheit und Gesundheit der Spieler und Fans sicherstellen“ könne. Blizzards Liga im Online-Shooter „Overwatch“ hat im Februar und März ebenfalls alle Events in China abgesagt.
Wann bekommt China die Seuche in den Griff?
Wie stark die Auswirkungen der Epidemie auf die IT-Wirtschaft wirklich ausfallen, wird davon abhängen, wie schnell Chinas Gesundheitsbehörden die Seuche in den Griff bekommen. Zwar unternimmt man gewaltige Anstrengungen und stampfte - siehe Video oben - zuletzt in nur zehn Tagen ein ganzes Spital aus dem Boden. Man muss sich nach dem Tod eines 34-jährigen Mediziners, der als einer der ersten Ärzte von einer neuen Seuche berichtete und daraufhin wegen „Verbreitung von Gerüchten“ verhaftet wurde, aber auch Verschleierungsvorwürfen erwehren.
Derweil steigt die Zahl der Erkrankten weiter - am Samstag auf fast 35.000. Mehr als 700 Menschen sind in China bereits gestorben. Außerhalb Chinas gab es am Samstag in über 20 Ländern weitere 270 Infizierte.
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