In Sachen Österreichs Beitrag fürs EU-Budget gibt es innerhalb der türkis-grünen Regierung erste größere Meinungsverschiedenheiten. Bundeskanzler Sebastian Kurz hatte bekanntlich unlängst mit einem Veto gegen den nächsten EU-Finanzrahmen gedroht, wenn die EU-Kommission ihren Vorschlag von einem Beitrag der Staaten von 1,11 Prozent des Bruttonationaleinkommens nicht doch noch abändert. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) nannte Kurz‘ Vorgangsweise am Samstag „uneuropäisch und überzogen“ und warf dem ÖVP-Chef indirekt Populismus vor. Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) wiederum wies Koglers Kritik an den türkisen Veto-Drohungen zurück.
Konkret antwortete Kogler im Ö1-„Mittagsjournal“ auf die Frage, ob Kurz‘ Drohung Verhandlungstaktik oder Populismus sei. „Wahrscheinlich Zweiteres“, so der Grünen-Chef. Auch wenn sich seine Partei sogar 1,3 Prozent der Wirtschaftsleistung an Beiträgen vorstellen könnte, stehe Kogler zur Regierungsposition, wonach man nur ein Prozent beisteuern solle. Mit den von der Kommission vorgeschlagenen 1,11 Prozent hätte Kogler aber auch keine Probleme: „Am Schluss geht es netto um 10 bis 20 Cent für jeden Österreicher pro Tag.“
„Verantwortungsbewusster Umgang ist Gebot der Stunde“
Schallenbergs Reaktion auf die Aussagen Koglers ließ nicht lange auf sich warten. „Ein verantwortungsbewusster Umgang mit dem Geld der Steuerzahler ist nicht uneuropäisch, sondern das Gebot der Stunde“, so der Außenminister in einer Aussendung. Schallenberg betonte, dass man in einer engen Allianz mit den anderen Nettozahlern sei. Der Vorschlag der Kommission würde 1,5 Milliarden mehr jährlich im Vergleich zu Österreichs derzeitigem Beitrag bedeuten. Das lehne man ab. Zuletzt hatte EU-Budgetkommissar Johannes Hahn von den Nettozahler-Staaten einen höheren Beitrag fürs EU-Budget gefordert.
Deutsch: „Kogler lässt alle Fragen nach Regierungslinie offen“
Kritik an Kogler kam am Samstag auch von der SPÖ. „Man weiß nach dem Interview immer noch nicht: Ist es jetzt Regierungslinie, im Rat ein Veto zum EU-Budget einzulegen oder nicht. Dass Kogler die Veto-Drohung des ÖVP-Kanzlers mit Begriffen wie ‚überzogen‘, ‚uneuropäisch‘ und gar ‚undenkbar‘ bedenkt, zeugt jedenfalls von der großen Uneinigkeit zwischen ÖVP und Grünen in dieser Frage“, so Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch, der diesbezüglich endlich Klarheit einfordert. „Kurz stimmt sich auch hier offensichtlich nicht mit dem Koalitionspartner ab und präsentiert den Österreichern mit seinem Alleingang erneut sein undemokratisches Amtsverständnis“, so Deutsch.
Fronten verhärtet
Durch den Brexit fehlen nach Diplomatenangaben mindestens 60 Milliarden Euro in der EU-Kasse. Die verbliebenen 27 Ländern sollen daher nach einem Kommissionsvorschlag mehr als ein Prozent der jeweiligen Wirtschaftsleistung in den Haushalt einzahlen. Eine Gruppe von Nettozahlern, darunter Österreich, steht diesem Vorstoß aber kritisch gegenüber. Sie wollen den Beitrag, den die EU-Länder zum Gemeinschaftsbudget leisten, bei 1,0 Prozent der Wirtschaftsleistung belassen. Die EU-Kommission schlägt 1,11 Prozent vor, das EU-Parlament fordert sogar 1,3 Prozent. Am 20. Februar findet ein EU-Sondergipfel zum Finanzrahmen 2021 bis 2027 in Brüssel statt.
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