Thüringer Wahl-Chaos:

FDP-Chef zieht Vergleich mit Ibiza-Krise

Ausland
09.02.2020 17:15

FDP-Chef Christian Lindner hat sich nach dem Wahl-Chaos im Bundesland Thüringen für einen unabhängigen Ministerpräsidenten ausgesprochen. Dabei verglich er die Situation mit der Ibiza-Krise in Österreich. Dort habe man die Präsidentin des Verfassungsgerichts mit den Amtsgeschäften betraut, sagte Lindner am Sonntag mit Blick auf die Beamtenregierung von Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein im Vorjahr.

Lindner schlug vor, „wie seinerzeit in Österreich eine unabhängige Persönlichkeit an die Spitze der Regierung zu wählen“. Der FDP-Chef spielte dabei auf die in der Ibiza-Krise zur Bundeskanzlerin ernannten Brigitte Bierlein an.

Ex-Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein (Bild: AFP)
Ex-Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein

FDP-Chef gegen Wiederwahl von Ramelow
Lindner sprach sich gleichzeitig gegen eine Wiederwahl des Linken-Kandidaten Bodo Ramelow zum Ministerpräsidenten aus. „Ich persönlich halte in dieser extrem empfindlichen Situation Herrn Ramelow aber nicht für einen geeigneten Kandidaten, um das Land zu beruhigen“, sagte Lindner.

Von 2014 bis Februar 2020 war Bodo Ramelow von den Linken Ministerpräsident in Thüringen. Bis das AfD-gestützte Wahlergebnis ihn und die thüringische Landtagsvorsitzende der Linken, Susanne Hennig-Wellsow, überraschte und für ein beispielloses Politbeben in Deutschland sorgte. (Bild: AFP)
Von 2014 bis Februar 2020 war Bodo Ramelow von den Linken Ministerpräsident in Thüringen. Bis das AfD-gestützte Wahlergebnis ihn und die thüringische Landtagsvorsitzende der Linken, Susanne Hennig-Wellsow, überraschte und für ein beispielloses Politbeben in Deutschland sorgte.

Kemmerich trat zurück
Die politische Krise in Thüringen geht auf das Konto der FDP, deren Kandidat Thomas Kemmerich sich am Mittwoch dieser Woche mit den Stimmen von CDU und AfD zum Ministerpräsidenten hat wählen lassen. Nachdem die überraschende Wahl zunächst von führenden FDP-Politikern begrüßt wurde, ging Lindner nach einem massiven öffentlichen Aufschrei über diesen politischen Tabubruch auf Distanz zur AfD und brachte Kemmerich am Samstag dazu, mit sofortiger Wirkung zurückzutreten.

Thomas Kemmerich (FDP) (Bild: APA/AFP/Jens Schlueter)
Thomas Kemmerich (FDP)

Große Koalition in Berlin fordert Neuwahlen in Thüringen
Lindner betonte am Sonntag, dass er Kemmerich nicht auf Druck von Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Rücktritt gedrängt habe. „Sie hat keinerlei Druck ausgeübt“, sagte er. Der Rücktritt sei richtig gewesen - Kemmerich habe seine Ankündigung nur deshalb nicht sofort wahrgemacht, weil Staatskanzlei und Landtagsverwaltung in Thüringen noch Rechtsfragen klären wollten. Die Spitzen von CDU, CSU und SPD einigten sich im Kanzleramt am Samstag zum einen auf eine klare Absage jeder Zusammenarbeit mit der AfD auf „allen Ebenen“. Zum anderen fordern sie für Thüringen eine neue Ministerpräsidentenwahl sowie unabhängig davon baldige Neuwahlen in dem ostdeutschen Bundesland.

Von links: CSU-Chef Markus Söder, Kanzlerin Angela Merkel, CDU-Chefin Annetgret Kramp-Karrenbauer und Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) (Bild: AFP or licensors)
Von links: CSU-Chef Markus Söder, Kanzlerin Angela Merkel, CDU-Chefin Annetgret Kramp-Karrenbauer und Vizekanzler Olaf Scholz (SPD)

CDU-Singale für Wahl Ramelows
Lindners Wunsch nach einem unabhängigen Ministerpräsidenten dürfte sich nicht erfüllen, weil die CDU signalisiert hat, eine Wiederwahl Ramelows durch Stimmenthaltung zu ermöglichen. Zudem könnte Ramelow auch die Stimmen der AfD erhalten, wobei es sich freilich um eine Provokation handeln würde. AfD-Fraktionschef Alexander Gauland brachte diese Möglichkeit am Samstag ins Spiel, um Ramelow - wie zuvor Kemmerich - zum Verzicht aufs Amt zu drängen. „So agieren Demokratieverächter“, kommentierte Ramelow diese Überlegung Gaulands am Sonntag.

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