Tote und Sachschäden

Europa fest im stürmischen Griff von „Sabine“

Ausland
10.02.2020 20:52

„Sabine“ hat am Montag nicht nur Österreich fest in ihrem stürmischen Griff gehabt: Während wir noch verhältnismäßig glimpflich davongekommen sind, sorgte das Sturmtief in Teilen Europas für teils enorme Schäden. Das Zentrum des Sturms, der etwa in Großbritannien, Frankreich und Belgien „Ciara“ genannt wird, lag erst nördlich von Schottland und verlagerte sich dann zur norwegischen Küste. Vor allem im Nordwesten des Kontinents blieben deshalb Haushalte ohne Strom, Zugfahrten und Flüge fielen aus.

In Deutschland bekamen es die Einsatzkräfte in den meisten Fällen mit umgestürzten Bäumen zu tun. Vor allem in Nordrhein-Westfalen wurden Menschen von umstürzenden Bäumen oder umherfliegenden Gegenständen verletzt. In Frankfurt am Main knickte ein Baukran ab, sein Ausleger krachte in das Dach des Doms.

Schwer traf das Sturmtief auch einen Kindergarten in der sächsischen Stadt Netzschkau (siehe Video ganz oben). Sämtliche Dach- und Dämmstoffe wurden von den starken Böen weggeblasen. Die Trümmer verteilten sich auf dem Spielplatz und im Garten der Anlage. Feuerwehrleute brachten alle Anwesenden einschließlich der 60 Kinder, die sich zum Zeitpunkt des Vorfalls im Gebäude befanden, in Sicherheit. „Gott sei Dank waren sie alle drinnen, für die Kinder war es alles nur ein schneller Schreck“, so Feuerwehrmann Mike Müller.

In Bayern waren Zehntausende Menschen über Stunden ohne Strom, nachdem Äste auf Leitungen gestürzt waren. In tiefen Lagen hat „Sabine“ am Montag dann auch Rekordwerte erreicht. Bei Fürstenzell (Landkreis Passau) wurden nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) 154 Stundenkilometer gemessen. „Das ist in solchen Tieflagen eine absolute Spitze“, sagte der Meteorologe vom Dienst.

„Sabine“ pirschte sich nahe an Windgeschwindigkeiten von Jahrhundertsturm „Kyrill“ heran
Über den Großen Arber, mit 1455 Metern höchster Berg des Bayerischen Waldes, fegte der Orkan mit bis zu 161 Stundenkilometern - bisher die stärkste Böe in Bayern. Auf Deutschlands höchstem Berg, der 2962 Meter hohen Zugspitze, registrierte die dortige Messstation 158 Stundenkilometer. „Sabine“ komme zumindest in Bayern ziemlich nahe an den Sturm „Kyrill“ heran, der im Jänner 2007 schwere Schäden verursacht hatte, sagte der Meteorologe. Damals waren im Flachland in Bayern 144 Stundenkilometer und auf der Zugspitze knapp mehr als 180 km/h gemessen worden.

In einigen Regionen Großbritanniens hat der Sturm innerhalb von 24 Stunden so viel Regen gebracht wie sonst in eineinhalb Monaten fällt. Mehr als 20.000 Haushalte waren in der Nacht auf Montag vom Strom abgeschnitten. Überschwemmungen und umgestürzte Bäume behinderten den Verkehr auf Straßen und Schiene erheblich, in Brentwood in Essex stürzte ein Auto in einen kleinen Krater, der über Nacht auf der Straße entstanden war. Auch der Flugverkehr wurde eingeschränkt.

In Brentwood in England ließ Sturmtief „Sabine“ einen Pkw im Erdboden versinken. (Bild: AP)
In Brentwood in England ließ Sturmtief „Sabine“ einen Pkw im Erdboden versinken.
(Bild: AP)

In Belgien verursachte der Sturm etliche Schäden. Laut Medienberichten wurde niemand verletzt, als vielerorts im Land Bäume und Baugerüste umstürzten und die Böen Dächer abdeckten. Züge fuhren auf vielen Strecken verspätet oder eingeschränkt. Im Hafen von Antwerpen kippten aufeinandergestapelte Container um.

Mann im Sturm vom Tretroller gestürzt - tot
In Frankreich waren rund 130.000 Haushalte ohne Strom. Betroffen waren nach Angaben des Netzbetreibers Enedis der Großraum Paris sowie Nord- und Ostfrankreich, wo auch zahlreiche Verbindungen mit Regionalzügen entfielen. Für mehr als 30 Departements dauerte die vom französischen Wetterdienst Meteo-France ausgerufene erhöhte Alarmbereitschaft auch am Montag an. Dutzende Flüge fielen aus. In Paris stürzte ein Mann von einem Tretroller und starb.

In Marly in Nordfrankreich kippte ein von einer starken Windböe erfasster Lastwagen im Sturmtief „Sabine“ aka „Ciara“ auf der Autobahn um. (Bild: AFP)
In Marly in Nordfrankreich kippte ein von einer starken Windböe erfasster Lastwagen im Sturmtief „Sabine“ aka „Ciara“ auf der Autobahn um.
(Bild: AFP)

In Tschechien waren Montagfrüh rund 100.000 Haushalte ohne Elektrizität, weil Stromleitungen durch umstürzende Bäume beschädigt wurden, wie Energieversorger mitteilten. Die Feuerwehren waren im Dauereinsatz, um Straßen freizuräumen und Dächer zu sichern - innerhalb einer Stunde wurden landesweit mehr als 250 Einsätze gezählt. Im südböhmischen Bezirk Prachatice wurde ein Mensch leicht verletzt, als ein Baum auf ein Auto krachte. Im Bahnverkehr kam es zu zahlreichen Zugausfällen und Verspätungen.

In Polen waren am Montag mehr als 55.000 Haushalte ohne Strom, wie die Nachrichtenagentur PAP berichtete. Bis 6 Uhr rückten die Feuerwehren landesweit zu mehr als 1100 Einsätzen aus, um unter anderem Bäume von den Straßen zu räumen. Eine Frau und ihre Tochter wurden auf einem Parkplatz im Skiressort Bukowina Tatrzanska von herabfallenden Dachteilen erschlagen.

Angler mit Booten gekentert: Ein Toter und ein Vermisster
Einen schweren Unfall gab es auf einem See in der schwedischen Gemeinde Svenljunga: Hier kenterten am Sonntag zwei Angler mit ihrem Boot - einer starb, nach dem anderen wurde am Montag noch gesucht. In Norwegen und Schweden wurden sowohl am Sonntag als auch am Montag zahlreiche Flüge gestrichen. Fähren blieben im Hafen und Zugverbindungen wurden eingestellt. Auch die Öresundbrücke zwischen Dänemark und Schweden war wegen starken Windes zeitweise gesperrt.

In Estland waren am Montag 2300 Haushalte ohne Elektrizität, in Litauen waren es gut 3000, wie die örtlichen Stromversorger mitteilten. Besonders betroffen waren Haushalte in den küstennahen Regionen an der Ostsee. Wegen der starken Winde und der damit verbundenen hohen Wellen kam der Fährbetrieb teilweise zum Erliegen. Auch der Flugverkehr war betroffen: Der Frühflug der lettischen Fluglinie Air Baltic von Riga nach München wurde durch den Sturm zum Umkehren gezwungen, wie eine Sprecherin des Flughafens in Riga mitteilte.

Orkantief „Sabine“ hat auch in der Schweiz viel Wirbel verursacht. Flugzeuge am Flughafen Zürich mussten durchstarten, Bäume behinderten den Verkehr auf Straßen und Schienen. In zahlreichen Gemeinden gab es schulfrei. Im Kanton Freiburg kam es aufgrund der heftigen Sturmböen zu einem tödlichen Verkehrsunfall, bei dem ein 36 Jahre alter Pkw-Lenker starb. Starker Wind hatte den hinteren Teil eines Lkw-Anhängers auf die Gegenfahrbahn geweht. Glimpflich gingen zwei Bahnunfälle aus: In Wald (Kanton Zürich) und Moutier (Kanton Bern) kam es zu Zusammenstößen zwischen S-Bahn-Zügen und Bäumen. In beiden Fällen wurde niemand verletzt.

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