830 Millionen Euro

VW bietet vom Dieselskandal Betroffenen Geld

Motor
14.02.2020 20:57

Viereinhalb Jahre nach Bekanntwerden des Dieselskandals bietet Volkswagen Hunderttausenden Kunden in Deutschland einen Vergleich an. Der Autobauer will dafür insgesamt bis zu 830 Millionen Euro ausgeben, wie er am Freitag mitteilte.

(Bild: kmm)

Vom Dieselskandal Betroffene, die sich zur Musterklage angemeldet haben, darunter auch 1100 österreichische Kunden, sollen ab Ende März „ein auf sie zugeschnittenes Angebot für eine Einmalzahlung“ erhalten - je nach Fahrzeug und Fahrzeugalter zwischen 1350 und 6257 Euro. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) setzt aber weiter auf Gerichtsentscheidungen.

In Deutschland waren vom Dieselskandal mehr als zwei Millionen Kunden betroffen. VW hatte im September 2015 zugegeben, in weltweit elf Millionen Fahrzeugen eine illegale Software eingesetzt zu haben. Im Zusammenhang damit zahlte Volkswagen bereits mehr als 30 Milliarden Euro an Strafen und Entschädigungen, vor allem in den USA. In Europa verweigerte der Autobauer bisher Schadenersatzzahlungen.

(Bild: APA/EPA/JULIAN STRATENSCHULTE)

Der vzbv zog daher stellvertretend für betroffene Kunden vor Gericht. Vor dem Oberlandesgericht Braunschweig wollen die Verbraucherschützer mit einer sogenannten Musterfeststellungsklage klären lassen, dass der Autokonzern Dieselkäufer „vorsätzlich und sittenwidrig“ geschädigt hat und deshalb Schadenersatz zahlen muss.

Wer ist schuld am Scheitern?
Das Gericht schlug schnell Vergleichsverhandlungen vor, die Anfang Jänner begannen. Am Freitag teilte VW nun mit, diese Verhandlungen seien gescheitert. Grund seien „unangemessene“ Anwaltsforderungen des vzbv.

Der Verbraucherverband wies dies umgehend zurück. Vielmehr habe VW die Verhandlungen scheitern lassen, erklärte vzbv-Chef Klaus Müller. Der Autobauer sei nicht bereit gewesen, „ein transparentes, vertrauenswürdiges und für Verbraucher sicheres System der Abwicklung zu ermöglichen“.

Ein kleiner Teil der Prozessakten (Bild: APA/AFP/Ronny Hartmann)
Ein kleiner Teil der Prozessakten

Die Klage läuft weiter
Müller kündigte an, der Verband werde vor Gericht weiter für eine gute Lösung für Verbraucher kämpfen. Die Vergleichsverhandlungen seien beendet, „die Musterfeststellungsklage aber nicht“.

Der vzbv-Chef verwies auf zuletzt verbraucherfreundliche Entscheidungen von Oberlandesgerichten; sein Verband könne sich auch vorstellen, dass das oberste Zivilgericht, der Bundesgerichtshof in Karlsruhe (BGH), verbraucherfreundlich entscheiden werde, sagte er.

(Bild: APA/AFP/THOMAS KIENZLE)

Am 5. Mai verhandelt der BGH über Schadensersatzansprüchen eines VW-Kunden, der wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung in seinem Auto den Kaufpreis zurückverlangt. Stand Donnerstag waren nach Angaben von VW insgesamt 70.000 Einzelklagen von Dieselkunden anhängig. 55.000 Urteile oder Beschlüsse wurden bereits getroffen.

Im Klageregister des zuständigen Bundesamtes für Justiz gab es bis Beginn des Musterfeststellungsverfahrens rund 470.000 Anmeldungen. VW hatte betont, es gebe auch viele Abmeldungen und mögliche Mehrfach-Anmeldungen. Auch 1100 österreichische VW-Kunden hatten sich der Musterklage in Deutschland angeschlossen.

Alles im Sinne der Kunden?
Müller sagte zu dem Vergleichsangebot von VW ohne Beteiligung des vzbv, er freue sich „über jeden Euro, den VW in Anerkennung des Dieselskandals Verbrauchern auszahlt“. Er zeigte sich aber „irritiert“ vom Vorgehen des VW-Konzerns.

Der Autokonzern betonte am Freitag, er wolle eine „faire und praktikable Lösung für die Kunden“. Selbst nach einer zeitnahen Entscheidung des OLG Braunschweig und des Bundesgerichtshofs müssten hunderttausende Kunden ihre „behaupteten Ansprüche“ vor 115 Landgerichten in Deutschland geltend machen, erklärte der Chefjustiziar von Volkswagen, Manfred Döss. „Es würden weitere Jahre vergehen, bis individuelle rechtskräftige Urteile gesprochen würden.“

Dieser Kraftakt wäre für die deutsche Justiz nicht zu meistern, erklärte Döss. „Ein Vergleich in diesem Verfahren sei für alle die vernünftigste Lösung: für die Kunden, für die Justiz und für Volkswagen.“

vzbv-Anwalt Marco Rogert von der Kanzlei Russ Litigation erklärte indes, der Vergleich sei nicht an der Gesamtsumme gescheitert. „Volkswagen wollte die Entschädigung zu einer eigenen Werbeveranstaltung machen - ohne Transparenz, Kontrolle und Einspruchsmöglichkeiten der Verbraucher“, kritisierte er.

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(Bild: kmm)



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