So mächtig war noch kein GLE vor dem aktuellen, auch nicht als die Baureihe, die das Luxus-SUV-Segment begründet hat, noch M-Klasse hieß. Drei Meter Radstand, 4,92 Meter Länge - da nehmen sich 2180 kg Eigengewicht im Typenschein fast schon bescheiden aus. Wir haben uns aber auch bei der Ausstattung zurückgehalten. Gut 10.000 Euro Aufpreis für Extras gehen in dieser Klasse schon fast als Brot-und-Butter-Version durch.
Der Verzicht auf Sonderausstattung ist auch gut für das Fahrzeuggewicht. Darüber hinaus hat der Daimler sehr darauf geachtet, dass das Trumm kein allzu schweres wird (übertrieben hat er es aber auch nicht). Unter anderem mit einem neuen Material für den Frontendträger: Organoblech, ein faserverstärkter Kunststoff, der sich wie Blech verarbeiten lässt. Gut für den Verbrauch ist hingegen der beachtlich geringe cW-Wert von 0,29, der für ein großes SUV eine echte Ansage ist.
Aber das alles merkt man nicht, wenn man im GLE unterwegs ist. Ein gutes Gewissen ist allerdings das beste Ruhekissen und kann das Komforterlebnis durchaus verbessern. Wobei der Daimler auch hier sehr viel beiträgt. Entspannt und höchst komfortabel rauscht der Wagen über die Autobahn, dabei bleibt es maximal leise im Innenraum.
Echtes Schweben im Angebot
Autobahn ist nicht das Metier für SUVs? Mag sein, aber der GLE macht das seehr gut. Für andere Einsatzbereiche könnte man ihn noch mit Optionen vollstopfen. Das 48-Volt-basierende Aktive Fahrwerk namens E-Active Body Control in Verbindung mit der Luftfederung kann die Feder- und Dämpferkräfte an jedem Rad individuell regeln. Zusammen mit „Road Surface Scan“ und der Kurvenneigefunktion ermöglicht es einen ganz außergewöhnliches Komfort-Niveau, weil es die Straße „lesen“ und darauf aktiv reagieren kann. Und der Freifahrmodus kann helfen, den GLE aus schwierigen Offroad-Situationen zu befreien. Wer etwa mit allen vier Rädern tief im Sand steckt, wird durch ein „hüpfendes“ Fahrwerk Stück für Stück wieder in die Freiheit befördert. Das Ganze muss einem allerdings an die 10.000 Euro plus 3000 Euro für das Offroadpaket wert sein.
Wir sind mit dem serienmäßigen Stahlfahrwerk unterwegs, das grundsätzlich tiefergelegt ist, wie der Preisliste zu entnehmen ist. Die Bodenfreiheit beträgt aber trotzdem 20 Zentimeter (mit Luftfahrwerk sind 29 cm drin). Damit gleitet man grundsätzlich sanft über Bodenunebenheiten; wer (Wechsel-)Kurven gern schnell nimmt, muss investieren, um dem Wanken Herr zu werden. Die Lenkung arbeitet präzise, ist aber nicht die rückmeldungsfreudigste.
Länge läuft
Groß ist er geworden, der GLE. In der Länge hat er um 10,5 Zentimeter auf 4,92 Meter zugelegt. Der Radstand ist um acht Zentimeter auf fast drei Meter gewachsen. Das reicht auf Wunsch dann auch für eine dritte Sitzreihe. Oder für 630 bis 2055 Liter Kofferraumvolumen.
In der getesteten Fünfsitzerkonfiguration herrschen jedenfalls opulenteste Platzverhältnisse. So groß kann man kaum sein, dass man es auf der Rückbank nicht problemlos Tausende Kilometer aushält.
Die Anhängelast liegt mit maximal 3,5 Tonnen auf dem Niveau des bisherigen GLE. Für Autofahrer mit Beziehungen zu Booten oder Pferden ist der GLE erste Wahl.
In der Ruhe liegt die Kraft: Die Motoren
Der Motor im Testwagen dürfte damit auch kein Problem haben. Der Dreiliter-Sechszylinder-Diesel im GLE 350 kann alles und muss niemandem etwas beweisen. Er leistet 272 PS und stemmt bereits ab 1200/min. ein maximales Drehmoment von 600 Nm., das über eine entspannte Neungangautomatik an alle vier Räder übertragen wird. Bei Bedarf lässt sich die Fuhre - so kein Anhänger gezogen wird - in 6,9 Sekunden auf 100 km/h wuchten. Bei 230 km/h ist Schluss, wenn man in Deutschland genug Anlauf hat oder es in Österreich riskieren will. Im Testschnitt genehmigte sich die Maschine 9,5 l/199 km (6,9 bis 7,5 l/100 km nach NEFZ).
Das Motorenprogramm umfasst mittlerweile sogar einen Plug-in-Hybriden, der einen 194 PS starken Vierzylinder-Diesel mit einem 136-PS-Elektromotor verbindet und eine Systemleistung von 306 PS bietet. Ansonsten reicht die Palette vom GLE 300d mit 245 PS bis zum GLE 580, der als 48-Volt- Mildhybrid mit V8-Benziner 489 plus 22 PS bietet. Auch ein AMG-Modell ist zu haben, der GLE 53 hat einen 435-PS-Reihensechszylinder. Alle sieben verfügbaren Motorisierungen haben Allradantrieb und Neungangautomatik.
Die Preise reichen von 71.560 Euro für den 300d bis 108.640 Euro für den GLE 580. Und nach der Tour durch die Aufpreisliste weit darüber hinaus.
Unterm Strich:
Wenn man so unterwegs ist im Brot-und-Butter-GLE um 90.000 Euro (wir sagen das jetzt einfach mal ganz provokant so), fehlt es einem eigentlich an nichts. Das wichtigste ist eh drin, also Premium-Paket (inkl. z.B. Park-Paket mit 360-Grad-Kamera, Matrix-LED-Scheinwerfer), Fahrassistenzpaket (inkl. u.a. Radartempomat), Burmester-Sound, beheizte Scheibenwaschanlage, Anhängerkupplung oder auch Smartphone-Integration (ja, die kostet 600 Euro).
Wer sportlich fahren will, sitzt im falschen Auto, der Motor ist bärenstark und seidig und Platz ist im Übermaß vorhanden. Das Gefühl des Mangels kommt erst auf, wenn man sieht, was man alles haben könnte. Wenn man es sich leisten kann.
Warum?
Mächtig und komfortabel
Seidiger Motor
Warum nicht?
Weil man von seinen Kindern eventuell schräg angeschaut wird
Oder vielleicht ...
… Audi Q7, BMW X5, Porsche Cayenne, Range Rover Sport, Volvo XC90
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