Qualvolle Transporte

Tod im Libanon: Der Weg österreichischer Kälber

Tierecke
19.02.2020 06:00

Für Entsetzen hat 2018 in Österreich der Bericht über einen brutalen Tiertransport gesorgt. Ein neuer Aufdecker-Report zeigt jetzt: Es hat sich nichts geändert. Und wieder sind heimische Milchkälber unter den Opfern.

„Wir brauchen weder Kälber- noch Schlachtrinderexporte in irgendwelche Drittländer. Und wir wollen sie auch nicht!“ Klare Worte kamen 2018 von der österreichischen Landwirtschaftskammer. Die Realität heute: „Gewisse Initiativen versuchen sogar verstärkt, vor allem Zuchtrinder in Drittstaaten zu transportieren und noch mehr Märkte, etwa Ägypten oder Russland, zu lukrieren“, sagt Tobias Giesinger vom Verein gegen Tierfabriken (VGT).

Die „Krone“ fordert Lösungen der Politik wegen der Horrortransporte von Tieren. (Bild: VGT)
Die „Krone“ fordert Lösungen der Politik wegen der Horrortransporte von Tieren.
(Bild: VGT, Animals International, krone.at-Grafik)

Wieder waren mutige Tierschutzaktivisten bei einer Fahrt durch die Hölle dabei, Sie finden davon einige Fotos auf diesen Seiten - die meisten wären unseren Lesern aber nicht zumutbar. Unter den Opfern sind auch Milchkälber aus Österreich, anhand ihrer Ohrmarken klar identifizierbar. Sie stammen aus Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg. Erstmals ist es den Tierschützern gelungen, ihren Weg von der Geburt bis zum Tod zu dokumentieren.

Aktivisten des VGT und Animal Welfare folgen dem Weg der Kälber. (Bild: VGT)
Aktivisten des VGT und Animal Welfare folgen dem Weg der Kälber.

Kälber sind oft nur zwei Wochen alt
Gerade einmal zwei bis vier Wochen alt sind die Lebewesen laut VGT, wenn sie von der Kälbersammelstelle in Salzburg nach Spanien gebracht werden. Die Tierbabys, nicht entwöhnt von der Muttermilch, schreien durchgehend nach Nahrung. Dennoch sind sie über 21 Stunden unversorgt, weil es auf Lkw keine geeigneten Tränksysteme für sie gibt.

Die Informationen zu den Ohrmarken der Tiere, die der VGT recherchierte. (Bild: VGT)
Die Informationen zu den Ohrmarken der Tiere, die der VGT recherchierte.

„Obwohl der Missstand seit Jahren bekannt ist, finden solche Transporte aus wirtschaftlichen Gründen weiter statt“, sagt Giesinger. Nach der Mast landen viele im Nahen Osten. „Und werden bei vollem Bewusstsein geschlachtet.“ Den minutenlangen Todeskampf zeigen Videos der Organisation Animals International; sie sind nicht zu ertragen.

Am Hafen von Cartagena, Spanien werden die Rinder verschifft. (Bild: Animal Welfare Foundation)
Am Hafen von Cartagena, Spanien werden die Rinder verschifft.

Schlachtpraktiken jenseits aller Empathie
In den Nahen Osten, nach Nordafrika, in die Türkei gehen Fahrten, die Schlachtpraktiken sind oft jenseits irgendeiner Empathie. „Unfassbares Leid wird den Tieren angetan. Damit sie nicht wegrennen können, werden ihnen die Beinsehnen durchtrennt. Um sie ruhig zu stellen, wird ihnen in die Augen gestochen. Es gibt dabei keinen Unterschied zwischen Schlacht- und Zuchtrind“, so Animals International.

Das qualvolle Ende eines österreichischen Rinds im Libanon im August 2019: Männer „säbeln“ am Hals des Kalbs (bei vollem Bewusstsein). (Bild: Animals International)
Das qualvolle Ende eines österreichischen Rinds im Libanon im August 2019: Männer „säbeln“ am Hals des Kalbs (bei vollem Bewusstsein).

Die Politik wird aufgefordert zu handeln. Sofort. Unter transportestoppen.at gibt es zudem eine Petition des VGT.

„Was die Tiere erleben, ist die absolute Hölle“
Tobias Giesinger, ein Tierschutzaktivist aus Vorarlberg, greift im „Krone“-Interview das System an, das sofort geändert gehört: „Es ist auch klar illegal.“

(Bild: VGT)

„Krone“: Vor Jahren wurde schon ein brutaler Tierschutztransport ins Ausland begleitet, ein Aufschrei der Österreicher folgte: Gab es seither Änderungen? 
Tobias Giesinger: Keine signifikanten, das System wurde nicht angetastet. Es gab Maßnahmen, vor allem in Vorarlberg und Salzburg, zudem Förderungen für die Kälbermast; mit mehr oder weniger Erfolg. Und es wird zahlenmäßig sicher weniger transportiert. Aber jedes einzelne Tier, das diese Hölle erleben muss, ist eines zu viel.

(Bild: Animal Welfare Foundation)

Die Lösung scheint banal einfach: Warum kann man nicht gekühltes Fleisch liefern statt Lebewesen?
Ein wesentlicher Punkt ist, dass es den Adressaten um ihr eigenes Ritual der Schlachtung geht. Speziell um das Töten der Tiere bei vollem Bewusstsein.

Wie kommen Tierschützer eigentlich zu solchen Horrorbildern? Das läuft doch sicher im Verborgenen ab?
Da die Schlächter nichts Schlechtes an ihrem Tun finden, verstecken sie es oft gar nicht und lassen filmen.

Rinder auf dem Schiff (Bild: Animal Welfare Foundation)
Rinder auf dem Schiff

Was ist die Lösung?
Ein klares Verbot von Tiertransporten von der EU in Drittländer. Es gibt schon ein Urteil vom EU-Gerichtshof, dass der Tierschutz beim Transport sichergestellt werden muss - aber der hört in der Praxis auf, sobald man im Drittland ist. Somit sind viele solcher Fahrten klar illegal.

Deutlich weniger Kälbchen wurden ins Ausland gekarrt. (Bild: VGT)
Deutlich weniger Kälbchen wurden ins Ausland gekarrt.

„Krone“-Kommentar: Es ist barbarisch, unserer nicht würdig
Der Blick des Kälbchens (Foto oben) ist herzzerreißend: Wie können wir hilflosen Geschöpfen so viel Leid antun? Warum entreißen wir Tierbabys ihren Müttern, karren sie ins Ausland, um sie dort zu mästen? Warum schicken wir Tiere Tausende Kilometer, meist unter qualvollen Bedingungen, quer über den Kontinent - um sie dort zu töten? 29 Stunden bei 35 Grad ist Rindern laut Transport-Verordnung zumutbar. Mir kommen dabei die Tränen, ich bekomme die Bilder nicht aus dem Kopf.

Maggie Entenfellner (Bild: Klemens Groh)
Maggie Entenfellner

Warum muss ein fühlendes Mitgeschöpf, das ohnehin schon sein Leben für den Genuss des Menschen gibt, davor noch solchen Qualen ausgesetzt werden?

(Bild: VGT)

Und warum muss man das in modernen Zeiten in einer angeblich zivilisierten Welt noch diskutieren? Es ist widerlich, barbarisch, es ist beschämend - es ist unserer unwürdig. Es gehört ein Verbot von Langstreckentransporten her. Endlich und sofort.

Maggie Entenfellner und Christa Blümel, Kronen Zeitung

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